Frauenförderung bleibt Pflicht

■ Bremens Frauenbeauftragte sind nach dem Luxemburger Quoten-Urteil in der Defensive / Das Gesetz verlangt aber weiterhin die Besserstellung von Frauen

„Genießen Sie Ihre Frauenversammlung, es wird ja wohl die letzte sein.“ Mit diesen Worten habe die Geschäftsführung der Handwerkskammer ihrer gewählten Frauenbeauftragten gestern das Abhalten einer Informationsveranstaltung zu den Auswirkungen des Europagerichtshof-Urteils gegen die Bremer Frauenquote gestattet. So berichtet die Leiterin der Frauengleichstellungsstelle (ZGF), Ulrike Hauffe, die zu der Versammlung eingeladen war. „In vielen Behörden bläst den Frauenbeauftragten seit dem Luxemburger Urteil der Wind ins Gesicht“, weiß sie. Doch der Spruch der elf Europa-Richter habe auch eine Gegenbewegung ausgelöst: „Es gibt eine Stimmung unter den Frauen in den Behörden, daß sie sich jetzt unterhaken müssen und ihren Einfluß in den Personalräten verstärken.“

Auch wenn in mancher Behörde jetzt schon der Abgesang auf die Frauenförderung angestimmt wird – tatsächlich hat das Luxemburger Urteil weit geringere Auswirkungen als es zunächst scheint. Die gewählten Frauenbeauftragten müssen weiterhin an allen Personalentscheidungen beteiligt werden. Und selbst wenn dann ein Mann und eine Frau für einen Job oder eine Beförderung gleichqualifiziert sind, bedeutet die Luxemburger Entscheidung noch keineswegs, daß in Zukunft wieder stets der Mann den Vorzug bekommt. Im Gegenteil: „Das Ziel des Landesgleichstellungs-Gesetzes, Frauen im Beruf zu fördern, gilt ja weiterhin“, sagt Ulrike Hauffe. Und dieses allgemeine Ziel darf auch im konkreten Bewerbungsverfahren als Argument für die Frau Verwendung finden.

„Wenn die Frauenbeauftragte dagegen hält, ist es auch in Zukunft nicht so leicht, einen gleichqualifizierten Mann durch das Bewerbungsverfahren zu bringen“, weiß die Gleichstellungs-Beauftragte. Am 14. März nächsten Jahres werden die Frauenbeauftragten in allen 150 Behörden parallel zu den Personalräten neu gewählt. Danach will die ZGF zusammen mit der SKP die frischgebackenen Frauenbauftragten für die Anwendung der neuen Rechtslage schulen. Bis dahin erläutert ein Rundbrief der ZGF, was die Unwirksamkeit der Vorschrift über die Bevorzugung von Frauen bei Gleichqualifikation in der Praxis genau bedeutet – und vor allem, was sie nicht bewirkt.

Alle anderen Paragraphen des Landesgleichstellungsgesetzes sind von der Luxemburger Entscheidung nämlich nicht betroffen. So müssen weiterhin die Ausbildungsjahrgänge quotiert sein. Bei der Delegation in Gremien, auf Konferenzen und auch in Personalfindungskommissionen sollen Frauen mindestens zur Hälfte berücksichtigt werden. Und natürlich haben alle bis hin zu den Dienststellenleitern dafür zu sorgen, daß der Grundgesetz-Artikel 3, nach dem niemand aufgrund seines Geschlechts benachteiligt werden darf, Anwendung findet.

In der Universität bewirkt das Luxemburger Urteil noch nicht einmal das sofortige Ende der harten Quotierung. Dort gilt nämlich neben dem Landesgleichstellungsgesetz auch noch das Bremische Hochschulgesetz, und das sieht ebenfalls eine Bevorzugung von Frauen vor – und zwar schon dann, wenn sie lediglich eine formal gleiche Qualifikation wie ihre männlichen Mitbewerber aufweisen können. Da es sich bei den Uni-Stellen im Mittelbau außerdem zumeist um Qualifikationsstellen für eine Promotion oder Habilitation handelt, müssen Frauen sowieso bevorzugt werden. Dies hatte auch das Luxemburger Gericht als Förderung gleicher Eingangsvoraussetzungen – hier zum Beispiel für ProfessorInnen-Stellen – verlangt.

Das Ende der Frauenförderung wird nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs schließlich auch keineswegs von allen Behördenleitungen so offensiv betrieben wie von der Geschäftsführung der Handwerkskammer. Im Zentralkrankenhaus St.-Jürgen-Straße zum Beispiel ist der Personalchef nach der Entscheidung von sich aus auf die Frauenbeauftragte zugekommen, um ihr zu versichern, daß die bisherige konstruktive Zusammenarbeit in der Personalpolitik auch in Zukunft unverändert fortgesetzt werden soll. Schließlich ist das Krankenhaus dringend auf die Mitarbeit von Frauen angewiesen. Und die harte Quote in dem nun unwirksamen Paragraphen 4 des Landesgleichstellungsgesetzes mußte dort auch bisher nie angewandt werden. Ase