Press-Schlag
: Armer Charly

■ Die Leiden des Trainers Karl-Heinz Körbel bei der Frankfurter Eintracht

Karl-Heinz „Charly“ Körbel, 41jähriger (Noch-)Trainer der Eintracht aus Frankfurt am Main, spielte nach der verdienten Niederlage seiner dilettantisch agierenden Reserve beim VfB Stuttgart ganz kurz mit dem Gedanken, wieder selbst die Fußballschuhe zu schnüren, um die marode Abwehr der Mainischen zu stabilisieren. Keine andere Mannschaft der Liga hat mehr Gegentore hinnehmen müssen (23) – und das mit dem Keeper der Nation im Kasten. Sicher: Der „alte Mann“ mit der druckfrischen Erlaubnis zum Trainieren einer professionellen Fußballmannschaft (A-Schein) hat Spieltag für Spieltag ein Meer an Verletzten und (sportlichen) Ausfällen zu kompensieren. Weber, Binz, Doll, Bommer und Zchadadse laborieren an alten und neuen Wunden. Jay-Jay Okocha war für Stuttgart gesperrt und laboriert – vor dem harten Gang gegen Rostock in Berlin – noch an einer Fußprellung. Und den neuen Mittelstürmer der Eintracht, den Kroaten Ivica Mornar, der in Stuttgart sein erstes Tor schoß, plagt eine Mittelohrentzündung. Armer Charly – arme Eintracht.

Bei Mornar habe sogar der Verdacht auf einen Hörsturz bestanden, wurde berichtet. An dieser, im allgemeinen plötzlich auftretenden Krankheit scheinen die angeblich gesunden Abwehrspieler allerdings schon seit Wochen zu leiden. „Wir haben permanent Probleme bei Standardsituationen und bei Kopfbällen“, konstatiert Körbel nach jedem verlorenen oder mit viel Glück gerade noch zu einem Unentschieden dahingewürgten Spiel. Wie lange kann sich ein Trainer auf einem der Schleudersitze der Liga noch halten, dem es nicht gelingt, solche offenherzig eingeräumten Probleme auszuräumen? Hört dem braven Mann kein Spieler mehr zu?

Noch fordern die fanatischen Anhänger aus der Westkurve nicht den Kopf von Körbel – aber schon mal den von Manager Bernd Hölzenbein, dem sie eine falsche Personalpolitik vorwerfen. Und weil das so ist, stehen Hölzenbein und sein Präsident Matthias Ohms (noch) in Treue fest zu ihrem „Wunschtrainer“. Doch Frankfurt ist nicht Freiburg. Wird heute in Berlin ausgerechnet gegen die verhaßten Rostocker verloren, die der Eintracht 1992 die Meisterschale aus den griffbereiten Händen rissen, dürfte der Stuhl von Körbel heftig wackeln. Denn die einst vom „Fußball 2000“ verwöhnte Fangemeinde in der Stadt der Banken und des Bembels wird einen gefestigten Abstiegsplatz mit permanentem Liebesentzug abstrafen.

Dunkelste Wolken ziehen am hessischen Fußballhimmel auf: Der FSV Frankfurt im freien Fall aus der 2. Liga auf den letzten Platz in der Regionalliga, die hessischen Vereine in der Regionalliga alle in der unteren Tabellenhälfte plaziert – und die Eintracht auf dem Weg in die ungeliebte 2. Liga?

Panikkäufe wolle man trotz der prekären Situation nicht tätigen, sagt Hölzenbein trotzig. Der Manager fuhr damit Nationalkeeper Andreas Köpke in die Parade, der nach der Niederlage in Stuttgart den Einkauf eines „gestanden Abwehrspielers“ gefordert hatte – „sonst steigen wir ab“. Köpke muß es wissen. Der an den Niederlagen schuldlose Torwart war vom 1. FC Nürnberg nach Frankfurt gekommen, um einmal nicht gegen den Abstieg spielen zu müssen. Vom Regen in die Traufe. Das Leben kann so gemein sein. Klaus-Peter Klingelschmitt