■ Die Probleme für Italiens Regierungschef beginnen erst
: Ein Sieg, ein Bumerang?

Daß Lamberto Dini einen Joker im Ärmel hatte, sah man ihm schon lange vor der Vertrauensabstimmung am Donnerstag abend an. Tatsächlich konnte er relativ leicht jenes Versprechen geben, das der äußersten Linken, der Rifondazione comunista, den Rückzug aus der Allianz mit Berlusconi und den Neofaschisten ermöglicht hat: die Zusicherung, sofort nach Verabschiedung des Haushaltsgesetzes 1996 zurückzutreten. Das nämlich hatte Dini sowieso vor. Freilich mit dem Hintergedanken, danach erneut mit einer Regierungsbildung beauftragt zu werden. Im September hatte er – zusätzlich zu den vier Punkten, mit denen er angetreten war – eine Liste von sieben weiteren Aufgaben bekanntgegeben, die er mit seinem Technokratenkabinett gerne lösen würde. Daß sich Dini gleichzeitig auf einen Termin – spätestens Jahresende – festgelegt hat, könnte für ihn zum Bumerang werden. Geht der Haushalt bis dahin nicht durch, kann er nur unter Bruch seines Versprechens weitermachen.

Tatsächlich stehen die Zeichen für eine Verabschiedung des von ihm vorgelegten Haushaltsentwurfs derzeit denkbar schlecht. Die Neokommunisten, die Dini das Amt gerettet haben, lehnen ihn kategorisch ab. Gleichzeitig ist dem Ministerpräsidenten aber auch der Weg eines Entgegenkommens für die Ultralinken versperrt, weil ihm sonst das linke Zentrum wegbricht. Und die beim Mißtrauensantrag schwer blamierte Rechte hat bereits angekündigt, künftig keinerlei Kompromiß mehr einzugehen. Für sie ist die einst als „Übergangs-Administration“ eingesetzte, ausschließlich aus Parteilosen bestehende Regierung längst zum Ausdruck einer „politischen“ Mehrheit aus Linksdemokraten und bürgerlich-fortschrittlichen Kräften geworden. Und darin haben sie zweifellos recht, auch wenn Dini und die linke Mitte dies heftig bestreiten.

Der Rückzug der Neokommunisten und die Rettung Dinis waren ein eindeutiger Dienst für die Mitte- Links-Allianz, die so weiter am Verschleiß Berlusconis und an einer besseren Vorbereitung ihres Wahlkampfes arbeiten kann. Ob es angesichts der sich nun noch weiter verstärkenden Unsicherheit über den Fortgang der Haushaltsberatungen mit all ihren Auswirkungen auf die Wirtschaft und das Sozialgefüge auch ein Dienst am Volk war, ist längst noch nicht ausgemacht. Werner Raith, Rom