Streit um die Zukunft des BUND

■ Vorstand tritt zurück / Chef Weinzierl ist umstritten

Bonn/Fulda (taz) – Für Hubert Weinzierl, den großen alten Mann des BUND, und seinen Verband könnte die heutige außerordentliche Delegiertenversammlung in Fulda zur Schicksalstagung werden. Das Credo des Vorsitzenden, „Wir kommen aus der Natur, wir lieben sie, und wir arbeiten für sie – deswegen sind wir fundamentalistisch“, ist vielen Mitgliedern zuwenig programmatisch. Hinter den Kulissen hat das Gerangel um die Nachfolge des wortgewaltigen Bayern längst begonnen. Von den 250.000 Mitgliedern ist nur noch ein Bruchteil aktiv.

Dem über die Republik verstreuten ehrenamtlichen Vorstand mit allen inhaltlichen Kompetenzen wird mangelnde Professionalität vorgeworfen, die Geschäftsstelle hat laut Satzung nichts zu sagen. „Orientierungsprozesse schmerzhafter Art“ stehen deswegen nach Ansicht des Bundesgeschäftsführers Onno Poppinga an, „diese Delegiertenkonferenz wird an die Wurzeln gehen“.

Symptomatisch für die Querelen ist die umstrittene Zusammenarbeit mit der Wirtschaft. Der BUND, nach außen bekannt für seine Zurückhaltung bei der Spendenannahme von großen Unternehmen, wird intern für das gescholten, was Beschlußlage ist: Firmen-Kooperationen werden nur dann eingegangen, wenn nicht nur Geld fließt, sondern auch ein Einfluß des BUND möglich ist. So kam der „ökologische Putzschrank“ in die Regale der Hertie- Kaufhäuser, die Angestellten der Hamburger DAK-Zentrale fahren womöglich bald öffentlich per Job- Ticket zur Arbeit.

Unbestechlich und ehrlich, aber leider erfolglos

Der bayrische BUND-Landesbeauftragte Hubert Weiger verurteilt die Reserviertheit Weinzierls gegenüber der Wirtschaft, etwa bei der Kooperation mit dem Kunststoffschüssel-Hersteller Tupper. Was im Rahmen der Antiverpackungsaktion „Bitte ohne Drumherum!“ des BUND vom Vorstand mit knapper Mehrheit beschlossen worden war, mühselige Verhandlungen mit dem Plastik- Multi kostete, erhielt wenig Rückenwind des Vorstands – und brachte mäßigen Erfolg.

Die unterschiedlichen Auffassungen von Umweltpolitik ließen die letzte Delegiertenkonferenz in persönlichen Attacken enden. In Fulda soll jetzt eine „Strategie- Gruppe“ eingesetzt werden, die klären soll, ob der BUND „klein aber fein, unbestechlich und ehrlich“ bleiben soll oder ob der Verband „sich Methoden bedienen muß, wie sie andere anwenden“, so Geschäftsführer Onno Poppinga.

Das programmatische Themenspektrum des BUND „darf nicht auf die Naturschutzpolitik im engeren Sinn begrenzt werden, wir wollen uns auch ökonomischen Fragen stellen“, so Vorstandsmitglied Angelika Zahrnt in einem Brief an die Delegierten: „Es geht nicht an, daß wir Greenpeace die globalen Themen überlassen.“

In der Tat steht der 20 Jahre alte BUND im Vergleich immer schlechter da: Die straff geführte Konkurrenz feiert Erfolge was Medienpräsenz, Werbung neuer Mitglieder und Mittelbeschaffung angeht. Der BUND präsentierte zwar letzten Montag in Bonn das Gutachten des Wuppertal-Instituts zum „Nachhaltigen Deutschland“ – um die Zukunftsfähigkeit des Auftraggebers sieht es dagegen finster aus: Die Bundesgeschäftsstelle des BUND wird seit Monaten angefeindet, seit dem Rausschmiß von Hauptgeschäftsführer Mick Petersmann gilt sie Insidern als „kaum noch arbeitsfähig“. Finanzielle Schwierigkeiten könnten zudem den Verband in Schieflage bringen. Der zerstrittene Bundesvorstand wird auf der heutigen Delegiertenversammlung geschlossen zurücktreten, Reinhild Winkler stellt sich nicht wieder zur Wahl. Alf Haubitz