Neubaugebiet ohne Kita und Schule

■ Trotz jahrelanger Zusagen – kein „Multifunktionales Zentrum“ in Arsten-Südwest / Nölle ist dagegen

„Ein wunderschönes Wohngebiet“ soll in Arsten-Südwest entstehen, so steht es auf der drei Meter hohen Holztafel, die südlich der Straßenbahnlinie 1 auf der Wiese steht. Am Horizont rauscht die Autobahn A 1, derzeit noch sechsspurig. Vor zwei Wochen hatte Bausenator Schulte hier medienwirksam zum „Baggerbiß“ mit Foto geladen, derzeit versuchen Gewoba und Bauatelier Nord, die geplanten Einfamilienhäuser zu verkaufen.

Einem Baubeginn für „Arsten-Südwest“ wo mehr als 1.000 Wohneinheiten entstehen sollen, könne man nur zustimmen, wenn gleichzeitig die Infrastruktur – Schule und Kindergarten für die erwarteten jungen Familien – gebaut würde, so hatte der Beirat Obervieland mehrfach unterstrichen. Eigentlich sollte ein „Multifunktionales Zentrum“ entstehen, das all diese Anforderungen erfüllt. Morgen ist das Thema im Senat – der Finanzsenator empfiehlt „Ablehnung“.

Die Betroffenen haben das nach den jahrelangen Zusagen nicht mehr erwartet. Denn jetzt schon sind die Kapazitäten in Kitas und Schulen für die umliegenden Neubauviertel überfüllt, das Angebot der privaten „Freien Evangelischn Bekenntnisschule“ lockt manche, die sich den frommen Gemeinden eigentlich nicht anschließen wollten. Neubaugebiete, so hatte Scherf noch als Bildungssenator immer wieder grundsätzlich verkündet, dürften nicht ohne die entsprechende Versorgung geplant werden. Da eine engagierte Elterninitiative seit Jahren Druck macht, hatte der Beirat mehrfach den Bildungssenator in den Stadtteil eingeladen. Seit dem Frühjahr 1994 versichern Senator Scherf persönlich und SPD-Vertreter des Stadtteils wie der Abgeordnete Jahnke regelmäßig, daß für die Infrastruktur gesorgt sei, der Senat habe „grünes Licht“ gegeben: Im „multifuktionalen Zentrum“, so war die Formel, sollten je nach Bedarf die Räume durch eine Grundschule, einen angrenzenden Kita-Bereich oder anders sozial genutzt werden.

Auf die bohrende Frage, wie der Bau denn finanziert wäre – in der mittelfristigen Investitionsplanung steht dafür keine Mark – erklärt der Bildungspolitiker Scherf immer wieder: Da werde ein Weg gefunden, ganz sicher, „außerhalb des Ressort-Haushalts“. Schon der SPD-Finanzsenator Kröning hatte vor Jahren über derartige Geldschöpfung gespottet: „Außerhalb des Haushaltes gibt es kein Geld“, verwies er auf die logische Selbstverständlichkeit.

Die BreHoch, das ehemalige Hpchbauamt, hatte dennoch im Auftrag des Senats die Planung vorangetrieben, ca. zehn Millionen Mark sollte der Bau kosten. Zwischenzeitlich war ein „Investoren-Modell“ überlegt worden, die Gewoba oder andere Baufirmen würden die Investition gern übernehmen – langfristig wäre die Stadtgemeinde ein sicherer und gut zahlender Mieter. Da dies aber nur eine versteckte Neuverschuldung wäre, lehnte der neue Finanzsenator solche Modelle grundsätzlich ab. Die Bildungssenatorin schickte der Elterninitiative noch Ende August einen Zeitplan, in dem alles genauestens steht: Planung durch die BreHoch – August 1995, Befassung durch den Senat – Oktober – Baubeginn Juni 1996 – pünktliche Übergabe zum Schuljahr 1997/98.

Noch in der vergangenen Woche versicherte eine Sprecherin der Bildungsbehörde der Elterninitiative, es stehe alles bestens. Tatsächlich hatte die Bildungssenatorin nach Plan das „Multifunktionale Zentrum“ dem Senat auf den letzmöglichen Oktobertermin zur Beschlußfassung unterbreitet, die Finanzierung sollte „außerhalb“ der Haushalts-Eckwerte der Ressorts passieren aus dem Topf „Stadterneuerung/Lebensqualität“, aus dem schon der Neubau der Gesamtschule West (70 Millionen Mark) „finanziert“ wird. Einziger Nachteil: Bisher ist noch kein Pfennig drin in dem Topf, und es steht in den Sternen, welches Ressort dafür ordentliches Haushaltsgeld einsparen will und kann.

Entsprechend begeistert ist der Finanzsenator: „Angesichts des nicht vorhandenen aktuellen Bedarfs verzichtet der Senat auf den Bau von KTH-Plätzen im Neubaugebiet Arsten/Obervieland.“ Zur Abdeckung des akuten schulischen Bedarfs sollen „Module“ aus dem Schultypenprogramm errichtet werden, das heißt: Container.

Ob dieser Beschluß auch für eine Öffentlichkeitssarbeit geeignet wäre, sagt der Finanzseanator nicht. Denn der Kollege Bausenator wirbt gleichzeitig dafür, daß BremerInnen nicht hinter der Landesgrenze bauen, sondern „in Bremen“. Wenn Bauinteressierte erfahren, daß nun doch die nahe Kita-Verworgung gestrichen und die Schule im Container stattfinden soll, werden sie sich vielleicht doch lieber zehn Minuten weiter über die Landesgrenzen ziehen und sich in Kirchweyhe oder Brinkum nach den Baulandpreisen erkundigen.

K.W.