Kommentar: Bremen kaputt
■ Keine Bewegung ohne Spielraum
Das war zu erwarten: Kaum ist die neue Giftliste in der Öffentlichkeit bricht der Sturm der Entrüstung los. In der Demokratie soll es ja auch so sein, nur: Die Runde, die die Große Koalition jetzt eingeläutet hat, hat schon eine andere Qualität als die vorherigen.
Es ist in vielen Bereichen kein verzichtbarer Luxus, der da auf dem Spiele steht. Bremen beraubt sich seines Spielraums, und das macht Bremen kaputt. Nur ein Beispiel: Die Bremer Sozialpolitik schrumpelt seit Jahren auf ein Maß zurück, nach dem der Staat bald nur noch die Almosen der Sozialhilfe verwaltet und zu verteilt. Nun sollen die Sozialprojekte sterben, erwiesenermaßen die billigsten, flexibelsten und vor allem innovationsfreudigsten sozialpolitischen Akteure. Ganz abgesehen von Fragen nach der Gerechtigkeit: Woher soll denn das Innovationspotential kommen, mit dem sich Bremen aus dem Sumpf ziehen will? Aus den Behörden?
Gleichzeitig wird immer deutlicher, daß der Kahlschlag angesichts des gewaltigen Schuldenberges, angesichts der neuerlichen Steuerausfälle, angesichts von Dolores und der Unsicherheiten beim Vulkan und bei Lloyd-Dynamo finanzpolitisch nur Peanuts bringt. Nicht daß unsereins die Patentösung wüßte in dieser furchtbaren Lage, aber: Bremen stellt nicht nur seine Selbständigkeit als Land in Frage, sondern seine Lebensfähigkeit als Stadt. Ein Rad ohne Spielraum kann sich nicht drehen. Jochen Grabler
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