Grausame Pfiffe

■ Die Liga braucht Profi-Schiedsrichter

Daß es in den nordamerikanischen Profiligen Berufsschiedsrichter gibt, hat sich hierzulande spätestens herumgesprochen, seit Billy Crystal einen solchen in dem Film „Vergiß Paris“ mimte und sich wacker mit den Basketball-Giganten der NBA herumschlug. Als echte Profis haben die NBA-Referees natürlich auch eine Gewerkschaft und die hat im Augenblick einen Streik zur Durchsetzung besserer Bezahlung ausgerufen. Sehr zum Leidwesen der Spieler, die es in ihren Saison-Vorbereitungsspielen mit Schiedsrichtern aus der „zweiten Liga“ (CBA) und von den Colleges zu tun bekommen und ihre angestammten Refs erst jetzt richtig schätzen lernen. „Ich glaube nicht, daß sie das professionelle Spiel begreifen“, sagt Michael Jordan über die Ersatzleute, die in Zweier- statt Dreierteams agieren, kleinlich pfeifen und nach Meinung der Cracks weder Fingerspitzengefühl noch Augenmaß besitzen. Dream-Teamer John Stockton meinte nach einem Match sogar: „Am liebsten möchte ich rausgehen und mich der ,picket line‘ der Schiedsrichter anschließen.“

Die NBA-Profis dürfen immerhin hoffen, daß im Arbeitskampf Einigung erzielt wird und sie mit den „richtigen“ Unparteiischen in die Saison gehen können. Die Bundesliga-Fußballer hingegen müssen das ganze Jahr mit zweitklassigen Referees leben. Selten zuvor war die Schiedsrichter-Schelte so heftig wie in dieser Saison und selten so berechtigt. Man muß nicht die leidige Sucht des Fernsehens, jedes Spiel vor allem nach Schiedsrichterfehlern abzugrasen, gutheißen, um festzustellen, daß selbst die Spitzenkräfte der Liga derzeit Grausames zusammentrillern. Am Samstag beispielhaft zu besichtigen beim Spiel Bayern München-VfB Stuttgart.

Unmöglich kann die vielbeschworene Blindheit an der Misere schuld sein, vielmehr scheint es, daß die Schiedsrichter, vor allem bei Strafraumszenen, völlig verunsichert sind und mangels Entschlußkraft eher instinktiv als nach Augenschein urteilen – im Zweifel für die Heimmannschaft oder die mit dem furchteinflößenderen Trainer.

Dagegen hilft nur ein nicht gerade neues, aber aus Sparsamkeit immer wieder verworfenes Modell, das der DFB, der sich ja seit seinem letzten Bundestag eine Professionalisierung der Liga auf die Fahnen geschrieben hat, schleunigst in die Tat umsetzen sollte: gut bezahlte und sorgfältig ausgebildete Berufs-Referees. Pro Spiel kämen ein Hauptschiedsrichter und zwei Strafraumschiedsrichter zum Einsatz, denn geteilte Autorität ist größere Autorität, drei Sündenböcke sind mutiger als einer und, so Simon Gourdine von der NBA-Spielergewerkschaft: „Sechs Augen sehen mehr, wenn große Körper auf begrenztem Raum kollidieren.“ Matti