■ Rußland - USA: Teileinigung bei bosnischer Friedenstruppe
: Zu weit aus dem Fenster gehängt

Die Einigung zwischen dem russischen und amerikanischen Verteidigungsministerium erfolgt in atemberaubendem Tempo und man staune – mezzopiano. Transport, Aufbau und Versorgung sollen zum russisch-amerikanischen Gemeinschaftswerk werden. Ob man hier eingedenk der Erfahrungen in Tschetschenien nicht den Bock zum Gärtner macht, steht auf einem anderen Blatt. Bedenkt man, mit welcher Verve die Angelegenheit von Moskau betrieben wurde, muß der eilige Formelkompromiß doch überraschen. Denn nach wie vor sind die Fragen Nato und Befehlsstruktur offen. Selbstverständlich wird der Kreml nicht ablassen, auf eine Beteiligung mit territorialen Verbänden zu drängen. Indes scheint ihnen eine vorzeigbare Einigung erzielt zu haben wichtiger, denn das hochgesteckte Ziel zu erreichen.

Moskaus Weigerung, sich einem Natooberbefehl zu unterstellen, läßt sich voll und ganz nachvollziehen. Man male es sich nur einmal seitenvertauscht aus. Daß der Kreml nun mit kleineren Brötchen zufrieden ist, hat mehrere Ursachen. Für den heimischen Markt wurde das Etappenziel erreicht. Die Amerikaner stimmten einer Einigung zu und die innenpolitische Opposition sah einen Jelzin, der Rußlands Interessen sichtbar vertritt. Die Konzession, die drei Führungsfiguren der Konfliktparteien in Moskau zu versammeln, reicht als Erfolgsbeweis. Die Hysterie hingegen, mit der der Balkan in ein außenpolitisches Wahlkampfthema umgemünzt werden sollte, hat im Volk bei weitem nicht die erhoffte Resonanz gefunden. Im Gegenteil, die Gratwanderung zwischen kalkulierter Distanz bei gleichzeitiger Wahrung des business as usual mit den USA legte Schwachstellen frei, die drohten kontraproduktiv zu wirken. Von Distanz ist es nicht weit zur Konfrontation. Daraus Kapital zu schlagen, eignet sich die Opposition besser. Trotz aller Vorbehalte gegenüber dem Westen: Antiamerikanismus zu schüren, verfängt noch nicht wieder. Es macht eher hellhörig und reaktiviert alte Hörgewohnheiten.

Worte und Fakten stehen in Rußland in einem hochgradigen Spannungsverhältnis. Die Kompromißbereitschaft signalisiert nun: zu weit aus dem Kremlfenster gehängt. Würde es bei der Öffentlichkeit erst ruchbar, daß ein umfassender Truppeneinsatz auch selbstverdientes, aber nicht vorhandenes Geld kostet, mit dem andere Staaten aushelfen müßten – der Vormarsch auf den Balkan hätte sein Nachspiel zu Hause.

Klaus-Helge Donath