Der recht gepflegte Abend

■ Ein neuer Club im Steintor: Das „Moments“ bringt den Jazz, den Blues und das Ami-Food ins Viertel/ Eröffnung morgen abend mit den „Big Town Playboys“

Jeder alteingesessene Viertelbewohner, der etwas auf sich hält, ist hier mindestens einmal versumpft. Sei es ganz früher im „Why not“, später im „Starship“ oder in den letzten Jahren im „XL-“ oder „Mix-Club“. Die Adresse Vor dem Steintor 65 ist so geschichtsträchtig wie die „Lila Eule“ oder das „Cinema“, aber in den letzten Jahren hatten die Betreiber kein Glück mit ihren Discos und Clubs. Nun gehört schon eine gehörige Portion Mut und Zuversicht dazu, wenn Holger Mertins und Kostas Kordas hier morgen abend einen weiteren Laden aufmachen, diesmal unter dem Firmenschild „Moments“. „Dies ist wohl auch die letzte Chance, die der Laden noch kriegt, und wenn das nicht klappt, dann weiß ich nicht, wer da noch reinwill“ – so schätzt Mertins selber den ramponierten Ruf der Lokalität ein. Er hat Erfahrung damit, wie schnell man ein schlechtes Image durch ein stimmiges Konzept ändern kann. Immerhin war er einer von denen, die das schäbige Pornokino „Schauburg“ übernahmen und mit neuem Programm auf Erfolgskurs brachten.

Um nun auch das „Moments“ mit Leben zu füllen, wollen die neuen Pächter möglichst weit abrücken vom bisherigen Disco-Image des Schuppens. Statt Techno sollen hier Jazz, Blues und Chansons erklingen, alles in angenehmer Clubatmosphäre, mit Musik aus der Steckdose, aber gern auch mal live – sowas, haben sich die neuen Chefs gedacht, fehlt doch eigentlich in Bremen. Einen reinen Jazz-club – wie zunächst verbreitet – wird es nicht geben. Das, meint Mertins, würde in Bremen nicht genügend Publikum ziehen; lieber will man den Laden für möglichst breite Kreise offenhalten.

„Alles muß stimmig sein“ sagt Mertins, und das heißt zum Beispiel, daß es keinen Bruch zwischen der live gespielten und der Musik von der Konserve geben darf. „Kein Techno und keine Oldies“ werde es hier zu hören geben, aber sonst so ziemlich alles. Bei den Tanznächten, samstags ab 24 Uhr, soll in erster Line schwarze Musik gespielt werden. Aus den „dicken Fehlern“ seines direkten Vorgängers hat Mertins gelernt. Clubausweise und „Ausländerquote“ bleiben dem Publikum künftig erspart. Die edle Ausstattung aber bleibt erhalten: viel Edelholz und Edelstahl, dazu eine gute Soundanlage.

Für die Qualität der Konzerte soll die Zusammenarbeit mit der Jazz- und Popredaktion von Radio Bremen garantieren, die hier regelmäßig Auftritte organisieren und mitschneiden wird. Das Programm der nächsten Wochen klingt schon mal recht vielversprechend: Am 11.11. spielt die Bill Frisell Group in einem Doppelprogramm mit Joey Baron; am 15.11. ist das Dave Douglas Sextett zu Gast; am 24., 25, 26, 11. gibt die A-cappella-Frauenband „Black Voices“ aus England hier ihre Record-Release-Konzerte. Als Höhepunkt tritt am 28.1. die legendäre Jazzsängerin Betty Carter mit ihrem Trio auf. Weiter geplant sind im Januar einige Konzerte des Festivals „Women in (E)motion“. Später soll es im „Moments“ auch noch eine warme Küche mit US- und lateinamerikanischen Spezialitäten geben, und auch Lesungen, Variete und Kabarettabende werden hier regelmäßig stattfinden.

Am Mittwoch und an den zwei folgenden Tagen spielen zur Eröffnung des „Moments“ die „Big Town Playboys“, eine sechsköpfige Blueskapelle, die sehr heißblütige Partymusik verspricht. Bei zehn Mark Eintritt und mehreren Sets bis tief in die Nacht ist dies eine gute Gelegenheit, den Laden kennenzulernen. Vielleicht wird hier an diesen Abenden ja wieder Viertelgeschichte geschrieben.

Wilfried Hippen