Böger: „Ich bin kein Selbstmordkommando“

■ SPD-Fraktionsspitze will Koalition fortsetzen. Parteitag soll vorgezogen werden. SPD-Promis, Grüne und PDS drängeln

Die Fraktionsspitze der SPD will die Große Koalition fortsetzen. Denn bei einer Tolerierung eines CDU-Minderheitssenats würden Bündnisgrüne und PDS „das gesamte SPD-Wahlprogramm in Antragsform im Parlament abstimmen lassen, und wir müßten fast alles ablehnen“, befürchtete gestern Fraktionschef Klaus Böger. Böger lehnte den Wechsel auf die Oppositionsbank ab: „Ich bin kein Selbstmordkommando.“ Der Bundestag zeige, daß sich seine Partei auch in einer Opposition ohne Tolerierung nicht automatisch regeneriere.

Wie auch sein parlamentarischer Geschäftsführer, Helmut Fechner, will Böger die Große Koalition fortsetzen. Damit sich die SPD im Senat profilieren könne, brauche sie allerdings „starke Leute“. Parteiinsider schlossen nicht aus, daß einer neuen Regierung nicht mehr alle jetzigen sechs SPD-Senatoren angehören werden. Neue Namen sollen noch nicht im Gespräch sein.

Böger will bei den Koalitionsverhandlungen Neuwahlen riskieren. Wenn etwa die CDU Teile landeseigener Wohnungsbaugesellschaften verkaufen wolle, werde er dies ablehnen. Sollte Diepgen deshalb Neuwahlen durchsetzen wollen, dann hätten CDU und SPD einen für den Wähler inhaltlichen klar zu erkennenden Konflikt.

Ob die Sozialdemokraten in die Opposition gehen oder an der Regierung bleiben, wollen sie jetzt doch schneller entscheiden als es ein Beschluß des Landesvorstands vom Samstag vorsah. Der für Januar geplante Parteitag soll in den ersten beiden Dezemberwochen stattfinden, sah ein Antrag vor, den gestern abend der Landesausschuß nach Redaktionsschluß verabschieden wollte.

Vor der Sitzung des Landesausschusses hatte Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) den Zeitplan vom Samstag heftig kritisiert: „Man darf es der SPD nicht durchgehen lassen, sich bis Januar als große Selbsterfahrungsgruppe darzustellen.“ Die dramatische Finanzlage der Stadt mache es dringend erforderlich, daß CDU und SPD umgehend Gespräche führen. Auch Walter Momper, Hamburgs ehemaliger erster Bürgermeister Klaus von Dohnanyi (SPD) und der Parteilinke Klaus Uwe Benneter forderten von ihrer Partei, eine Entscheidung nicht zu verzögern.

Am 7.November soll ein Parteitag die Aufnahme von Gesprächen mit der CDU über einen Koalitionsvertrag und mit den Grünen über eine gemeinsame Tolerierung einer CDU-Minderheitsregierung empfehlen. Die Bündnisgrünen schloßen gestern eine gemeinsame Tolerierung der CDU aus. Wie die Grünen forderte auch die PDS von der SPD, sich bei der Konstituierung des neuen Parlaments Ende November auf eine Fortsetzung der Große Koalition oder den Wechsel in die Opposition festzulegen. Dirk Wildt