■ Uneinigkeit über Bertinottis Deal mit Berlusconi
: Blickt noch einer durch?

Rom (taz) – Der vergangene Dienstag war für Italien ein historisches Datum: Ausgerechnet die Neokommunisten, sonst stets auf dem antikapitalistischen Pfad pur, kündigten an, zusammen mit den Neofaschisten und Berlusconi zugunsten des von diesen eingebrachten Mißtrauensvotums zu stimmen; und um die Suppe noch extra fett zu machen, gaben sie ihren Konsens am selben Tag auch noch zu einer Gesetzesänderung, wonach Pay-TV-Sender künftig zehn statt der für Geschäfte üblichen 19 Prozent Mehrwertsteuer bezahlen müssen. Für Berlusconi, einziger Anbieter, ein Geschenk in Höhe von -zig Millionen (DM).

Und seither herrscht Chaos: Was sagt die Basis der Rifondazione comunista? Laut Fausto Bertinotti, berlusconifreundlicher Vorarbeiter und Chef der Neokommunisten, gibt es „allerhöchstens ein paar Einwendungen“.

Das bestätigte RAI2, der einst von den Sozialisten des Berlusconi-Kumpels Bettino Craxi voll und mittlerweile von Vasallen des Mailänder Mediengurus weitgehend durchsetzte zweite Kanal des Staatssenders. Er strahlte eine Straßenumfrage aus, bei der alle, aber auch alle Befragten hellauf begeistert von der entscheidung des RC-Vorstandes waren. Wütende Anrufe jener, die nach eigenem Bekunden schwere Kritik in die Kamera gesagt hatten, ließen den Sender kalt – er blieb bei „fast 100 Prozent für Bertinotti“, mit der winzigen Einschränkung, daß „es Einwände auch geben mag, aber nur ganz wenige“.

Ganz andersherum der dritte Kanal, RAI3: Der brachte einen langen Live-Mitschnitt einer Rundfunksendung, in der Bertinotti sich den Fragen der Hörer stellte – lediglich ein einziger Anrufer sagte „weiter so“, alle anderen flehten ihn teilweise mit tränenerstickter Stimme an, doch nicht mit den Neofaschisten zusammenzugehen und sich von Berlusconis Schalmeientönen nicht einlullen zu lassen. „Fünfzig Jahre antifaschistischer Kampf“, sagte einer, „und du machst alles mit einem Votum kaputt, noch dazu gegen eine Regierung, die sowieso in einem Monat abtreten würde.“

Im Hauptquartier der RC in Rom weist die Pressestelle Hunderte zustimmender Faxe vor – verwehrt dem Neugierigen allerdings Zutritt zum Fax-Raum selbst.

Ähnlich wie die elektronischen verhalten sich am nächsten Tag die Printmedien: Il Tempo und Il Giornale, ansonsten eher den Kommunistenfressern zugerechnet, berichten „wärmste Zustimmung“ zu Bertinottis „Deal mit Berlusconi“; La Repubblica und der Corriere della sera dagegen vermerkten nur kritische Stimmen. Die Wahrheit hat hier und heute bitteschön nichts verloren. Werner Raith