Verdächtige nach Knast-Anschlag

■ Ex-Freundin eines V-Mannes soll mit gesprengt haben

Berlin (taz) – Die Karlsruher Bundesanwaltschaft verdächtigt eine 30jährige Frau, am Sprengstoffanschlag der Roten Armee Fraktion (RAF) auf den Gefängnisneubau im hessischen Weiterstadt beteiligt gewesen zu sein. Bisher hatte die Behörde nur gegen Unbekannt ermittelt. Bei der Verdächtigen handelt es sich um Andrea W. aus Frankfurt am Main. Es ist die ehemalige Freundin des V-Mannes Klaus Steinmetz, der über seine Kontakte zur sogenannten Kommandoebene der RAF den katastrophalen Polizeieinsatz von Bad Kleinen im Juni 1993 erst ermöglicht hatte.

Die Bundsanwaltschaft gab sich gestern zugeknöpft. Sprecher Hannich bestätigte nur, daß seine Behörde wegen eines „Anfangverdachts“ ein Ermittlungsverfahren gegen eine ihr namentlich bekannte Person eingeleitet hat.

Bei dem Anschlag auf den Gefängnisneubau am 27. März 1993 war ein Schaden von rund 150 Millionen Mark entstanden. Nachdem die RAF im April 1992 ihren Verzicht auf weitere Attentate gegen Vertreter aus Wirtschaft und Politik erklärt hatte, sollte mit dem Sprengstoffanschlag der Druck für eine vorzeitige Freilassung von RAF-Gefangenen erhöht werden.

Im Zusammenhang mit dem Anschlag war die 30jährige im Juli als Zeugin in einem Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt vorgeladen gewesen. Ursprünglich hatte sich dieses Verfahren gegen den V-Mann Steinmetz gerichtet, weil die Behörden ihn im Verdacht hatten, sein Wissen um den geplanten Anschlag verschwiegen zu haben. Gegen Steinmetz wurden die Ermittlungen eingestellt, anschließend ließ dann die Bundesanwaltschaft mehrfach die Wohnungen früherer Bekannter des Spitzels durchsuchen.

Eine der Hausdurchsuchungen bei Andrea W. wurde damit begründet, „entweder sie selbst oder dritte Personen“ hätten die Fahrzeuge benutzt, mit denen der Sprengstoff transportiert worden sein könnte. Bei den Fahrzeugen handelte es sich um ein Motorrad und ein Auto, beide auf Steinmetz zugelassen.

Darüber hinaus soll eine beschlagnahmte Tasche Sprengstoffkomponenten ausgewiesen haben, „die in vergleichbarer Zusammensetzung am Tatort des Sprengstoffanschlages auf die JVA Weiterstadt gefunden wurden“.

Andrea W. soll abgetaucht sein, meldete gestern Focus. Tatsächlich hat die jetzt Beschuldigte aber schon Ende August die Bundesanwaltschaft in der Berliner Szenezeitschrift interim beschuldigt, „ein Ermittlungsergebnis zu produzieren“. Sie habe sich daher entschieden, „aus einer sicheren Entfernung zu beobachten, wie sich das weiterentwickelt“. Wolfgang Gast