: Funktionär der Tonkunst
■ Klaus Bernbacher feierte Abschied, schwer sinfonisch: ein langer Blick zurück von Ute Schalz-Laurenze
Weniger zu tun haben wird er keinesfalls, der große Vorsitzende so vieler Vereine und Initiativen. „Klaus Bernbacher verabschiedet sich“, so war's zu lesen auf der Einladung zum Sinfoniekonzert, letzten Samstag in der Glocke. Bernbacher verläßt Radio Bremen als Hauptabteilungsleiter, ein halbes Jahr vor der sowieso anstehenden Pensionierung. Anlaß: Seine Position als Abgeordneter für die AfB. Damit zählte er 33 Jahre lang zu den Mitarbeitern des Landessenders. Aber was sich in der Biographie so eindrucksvoll liest, hat immer auch eine Kehrseite.
Seit dreißig Jahren arbeitet Bernbacher mit der Nordwestdeutschen Philharmonie zusammen. Die zahlreichen Produktionen bei Radio Bremen, lebenswichtig für die Existenz des Orchesters, waren allerdings an Bernbachers Dirigate gebunden. „Nun müssen wir den Nachfolgern erstmal vorzeigen, daß wir ein gutes Orchester sind“, meint der Intendant der Nordwestdeutschen Philharmonie, Holger Kruppe. Denn auch beim Konzert vom Samstag für das fünfzigjährige Jubiläum des Senders und für den Abschied von Klaus Bernbacher zeigte sich die Zusammenarbeit von der musikalischen Seite her eher fragwürdig.
Mit flachem und großem Getöse lief das sowieso schon unsägliche Stück „Also sprach Zarathustra“ von Richard Strauß in der „Glocke“ ab. Forcierte Lautstärke, die nicht mehr inhaltlich zu disponieren war, wechselte ab mit gesäuseltem Mezzoforte. Daß es sich dabei um ein viel zarteres Piano handelte, war nur zu ahnen. Enttäuschend auch die Wiedergabe des Klavierkonzertes in a-Moll von Edvard Grieg. Der Solistin Gülsin Onay mangelte es an Klangfarben, das Orchester wuselte sich so durch. Die nach laschem Beifall reichlich voreilig zugegebene Meistersinger-Ouvertüre zeigte leider kein anderes Bild und ein erschöpftes und lustloses Orchester.
Klaus Bernbacher hat viel bewegt. Hart und erfolgreich hat er gekämpft um Programmreformen und -erweiterungen, um die Rettung von klassischer Musik und vor allem auch um einen Platz für die Neue Musik im Radio. Er hat die Reihe „Musik des 20. Jahrhunderts“ im Rahmen der Philharmonischen Konzerte gegründet. Hat den „Bremer Klavierwettbewerb“ ins Leben gerufen. Hat in Bad Salz-uflen das „Podium junger Solisten“ gegründet. Bernbacher ist es zu danken, daß er die Intendanten Wüstenhöfer, Richter und Pierwoß zu Produktionen zeitgenössischen Musiktheaters hat überreden können. Auch gründete er die „Tage der Neuen Musik in Hannover“. Vor allem wird man nun in Bremen den suchen müssen, der sich so für den musikalischen Nachwuchs eingesetzt hat wie Klaus Bernbacher. Aber: Dies alles war an seine Funktion als Dirigent gebunden („was sollen wir denn machen, sonst haben wir doch gar keine Chancen zu Aufführungen“, sagt ein junger Komponist) – und ein Dirigent ist der Musikfunktionär leider nur in seinen eigenen Vorstellungen.
„Sagen wir mal so, es war zu einem Problem geworden“, kommentiert Rudolf Blaum, jahrzehntelang Vorsitzender der Philharmonischen Gesellschaft, das Ende der Zusammenarbeit. Und aus dem Orchester war zu hören: „Wir haben eben so lange ausgehalten, weil die Mitschnitte uns viel Geld brachten“. Schnell geschmissen waren auch die Planungen für die Festivals in Hannover und Bremen, die immer mehr willkürliche Reihungen dessen wurden, was im letzten Moment an postmodernen Ladenhütern noch möglich war. Dies betrifft vor allem die Bremer „Pro Musica Nova“ und die „Tage der Neuen Musik in Hannover“.
Einiges also wird jetzt zu Ende gehen. „Wir sind das einzige Orchester, das er noch dirigiert“, hört man bei der Nordwestdeutschen Philharmonie. Aber Bernbachers Lebensimpuls ist das Dirigieren – was ihm ja niemand verdenkt – und so müssen jetzt wohl neue Vereinstätigkeiten gefunden werden, die ihm eben das ermöglichen. Vielleicht ein Konzert im Musicon? Das wär doch was. Mit „Eintritt frei“, wie am Samstag in der „Glocke“, könnten da ja auch viele Musikinteressierte kommen. Wer zweifelt, ob das Musicon überhaupt gebaut wird, kennt Bernbacher nicht. Aber vielleicht wird Klaus Bernbacher ja auch einmal die hiesige Musikhochschule besuchen, die ihm vor zehn Jahren einen Professorentitel verlieh, zwecks Mitschnitten für StudentInnen.
Außerdem hat Klaus Bernbacher einmal das Bundesverdienstkreuz erhalten.
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