Armee steht vor Jaffna

■ Die Offensive im Norden Sri Lankas löst offenbar eine Fluchtbewegung aus

Dehli (taz) – Bei ihrer Offensive gegen die tamilischen Rebellen im Norden Sri Lankas hat die Armee die Kleinstadt Neerveli eingenommen. Dabei kam es nach Angaben eines Militärsprechers erstmals zu Haus-zu-Haus-Kämpfen mit zahlreichen Opfern. Allein am Montag sollen 92 Rebellen und 68 Armeeangehörige getötet und fast 400 verletzt worden sein. Die Heftigkeit der Kämpfe ist ein Hinweis auf die strategische Bedeutung der Ortschaft. Neerveli liegt zwischen der RebellenHauptstadt Jaffna und dem Hinterland im Nordosten, aus dem die meisten Kader der Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) stammen. Dort werden auch wichtige Basen der LTTE vermutet.

Drei Wochen nach Beginn der „Operation Sonnenstrahl“, wie die Offensive genannt wurde, steht die Armee etwa fünf Kilometer von den ersten Häusern Jaffnas entfernt. Nach Berichten aus der srilankischen Hauptstadt Colombo, die wegen der Militärzensur nur beschränkt zuverlässig sind, soll es zu einer Fluchtbewegung aus der Stadt gekommen sein. Die Zahl der Flüchtlinge schwankt dabei zwischen Zehntausenden und 150.000 Menschen.

Falls dies zutrifft, dürfte es sich dabei um Zivilisten handeln, die in den letzten Wochen bereits einmal aus ihren Dörfern nach Jaffna geflüchtet sind und sich nun angesichts der näherrückenden Kämpfe gen Osten absetzen wollen. Von dort können sie hoffen, mit Booten über die Jaffna-Lagune in den Süden zu gelangen. Die Lagune wird allerdings von der LTTE beherrscht, und es ist anzunehmen, daß diese eine Massenflucht verhindern will. Die LTTE–Guerilla will nämlich die Bevölkerung als „menschliches Schutzschild“ einsetzen. Laut Berichten aus dem Norden sollen die Tiger inzwischen den Belagerungszustand ausgerufen haben, der die Bewegungsfreiheit der Bevölkerung stark einschränkt. Bernhard Imhasly