Isolationshaft gegen „Aufmüpfige“

■ Santa Fu: Normale Gefangene im Hochsicherheitstrakt. GAL für Schließung Von Kai von Appen

Die GAL fordert die Schließung des Hochsicherheitstrakts der Anstalt 1a im Knast Santa Fu, der einst eigens für RAF-Gefangene gebaut worden war. Begründung des GAL-Justizreferenten Peter Mecklenburg: „Nach allen medizinischen Erkenntnisen gehören Isolationsknäste abgeschafft.“ Zudem werden heute laut Mecklenburg in den Bunker aufmüpfige Gefangene gesteckt, wie zum Beispiel der Inhaftierte Georg M., der vor vier Wochen einen Gefangenenprotest organisiert hatte.

Der Hochsicherheitstrakt – im Knast „Schweige- und Totentrakt“ genannt – wurde Mitte der 70er Jahre für die RAF-Gefangenen konzipiert: zwölf schallose Zellen, zwölf Mann Bewachung. Die Zellen haben ein kleines vergittertes Fenster mit doppelter Sichtblende. Da nur ein kleiner Schlitz für Zuluft sorgt, herrscht Mief und im Sommer unerträgliche Hitze. Der letzte RAF-Gefangene war Holger Meins, der an den Folgen des Hungerstreiks 1982 starb.

Obwohl der Psychiater Winfried Rasch von der Freien Uni Berlin im Auftrag der Bundesregierung in einem Gutachten Isolationshaft als „Folter“ klassifizierte, weil sie nur darauf ziele, Inhaftierte „physisch und psychisch zu vernichten“, wird der „Totentrakt“ vom Santa Fu-Anstaltsleiter Peter Weiß weiter genutzt. Derzeit sitzen hier vier normale Strafgefangene. Keiner weiß vom anderen: Einzelhofgang, Einzelduschen – keine Kommunikation. „Wenn das als Folter bezeichnet wurde, was die RAF-Häftlinge ertragen mußten, stellt sich die Situation heute um so schlimmer dar“, sagt Mecklenburg, „denn die RAF-Leute hatten tagsüber Umschluß und konnten untereinander kommunizieren.“

Georg M. hatte den Gefangenen-Sitzstreik organisiert, um auf die unhaltbaren Zustände in Santa Fu Anstalt 1 aufmerksam zu machen. Denn sämtliche Knäste in Hamburg sind überbelegt. In Anstalt 1 campieren jetzt sogar 15 Gefangene in einem Arbeitsraum, getrennt nur durch Wolldecken. Die Pläne von Ex-Justizsenator Klaus Hardraht, durch Gnadenverfahren und Aufnahmestopp von Kleinkriminellen die Knäste zu entlasten, wurden bislang vom Justizapparat nicht realisiert.

Georg M., der in sechs Wochen entlassen wird, hatte mit seinem Protest zwar einen Dialog mit der Anstaltsaufsicht initiiert. Dennoch wurde er, obwohl seine Aktion keine Straftat darstellte und die Anstaltsleitung nicht einmal ein Disziplinarverfahren einleitete, wegen mutmaßlicher „Rädelsführerschaft“ in den „Totentrakt“ verlegt.

„Damit stellt Hamburg einen traurigen Rekord auf, weil es noch nie vorgekommen ist, daß jemand direkt aus einem RAF-Hochsicherheitstrakt in die Freiheit entlassen wurde“, so Mecklenburg, der Justizsenator Hoffmann-Riem auffordert, die Inhaftierten sofort wieder in den Normalvollzug zu überführen und den „Totentrakt“ zu schließen.

Der neue Justizsenator Wolfgang Hoffmann-Riem wollte gegenüber der taz nicht Stellung nehmen. Die Sprecherin der Justizbehörde, Sabine Westphalen, verteidigt die Maßnahme jedoch aus Sicherheitsgründen: „Herr Georg M. wollte eine Gefangenenrevolte initiieren. So etwas kann dann schnell eskalieren und zur Flucht führen.“ Mecklenburg sieht das anders: „Eine Revolte ist, wenn die Gefangenen aufs Dach steigen.“ Zudem gibt es nach Auffassung Mecklenburgs keinen Bedarf für diesen Sicherheitstrakt, weil jede Anstalt im geschlossenen Vollzug – auch Anstalt 1 – über eine Sicherheitsstation verfügt. Westphalen: „Absonderung in extremen Fällen hat sich bewährt.“ Für Knastexperte Mecklenburg hingegen ist klar, daß hier repressive „Hardliner des Apparates“ am Werk sind, „die schon Hardraht auflaufen ließen“.