Sparen bei Bosnien-Flüchtlingen

■ Nölle (CDU) setzt Deutsch für Bosnien-Flüchtlinge auf die „Giftliste“

Wer spart, so denkt man, handelt umsichtig. Nicht so in Bremen. Hier ist sparen Gift: Elvira, fünfzehn Jahre alt, sucht in Bremen eine neue Heimat, neue Freunde und muß in eine Schule gehen, in der niemand ihre Sprache beherrscht. Sie floh vor kurzem mit ihren Eltern aus Bosnien, wo der Bürgerkrieg ihr Leben zerstört hat. Um in Bremen von vorne anzufangen, muß sie Deutsch lernen. Dazu wird sie nicht mehr lange Gelegenheit bekommen: Der Bremer Finanzsenator will den Deutschunterricht wegsparen.

In der Giftliste des Finanzsenators heißt es lapidar: Der „Nachhilfeunterricht“ der Stadtteil-Schule e.V. soll eingespart werden. Volumen der Einsparung: 425.000 Mark pro Jahr. Das klingt gut machbar, denn normaler Nachhilfeunterricht könnte auch von den Eltern getragen werden. „Der Begriff Nachhilfeunterricht ist eine gewollte Kaschierung des Problems,“ sagt Heinz-Gerd Korte von Verein Stadtteilschule dazu. „Dahinter verbirgt sich vor allem der Deutsch-Erstunterricht für Flüchtlingskinder.“ Zudem biete man Hilfen für lese- und rechtschreibschwache Kinder an - keine „Nachhilfe“, sondern eine qualifizierte Förderung, die die oft überdurchschnittlich intelligenten Kinder sonst nicht erhalten würden.

Fünf arbeitslose Lehrer kann die Stadtteilschule von den Senatsgeldern einstellen. Das Arbeitsamt bezahlt zusätzlich zwei Stellen, vorausgesetzt, die Senatsgelder fließen. Bisher hatte die Stadtteilschule Gelder vom Senat erhalten, weil dies für Bremen die billigste Lösung war, Deutschunterricht für Flüchtlingskinder anzubieten, so Korte.

Will man in Bremen an Flüchtlingskindern sparen, Lehrer arbeitslos machen und die Folgekosten höher werden lassen als die Einsparungen? Beim Finanzsenator fühlt man sich nicht verantwortlich: „Ich kann ihnen dazu nichts sagen. Rufen Sie am besten bei der Bildungssenatorin an. Dort sitzen die zuständigen Sachbearbeiter“, findet der Sprecher des Finanzsenators. Dort ist die Raktion kurz und bündig: „Wir haben diese Kürzungsvorschläge nicht zu verantwortworten. Das sind Vorstellungen des Finanzsenators. Wir sind gegen diese Kürzungen.“ Warum beschäftigen sich denn verschiedene Behörden mit dem gleichen Problem, ohne sich zu koordinieren? „Dies“, erklärt die Behördensprecherin, „ist Taktik, der Finanzsenator will seine Kollegen unter Zugzwang setzen“.

Zehn Schüler wollen in der Klasse Elviras ebenfalls Deutsch lernen. Ständig kommen neue Kriegsflüchtlinge im Kindesalter hinzu. „Ich besuche alle Familien der Kinder“, erzählt ihre Lehrerin Elisabeth Gupenko. Wenn die Kinder Schwierigkeiten in der Schule haben, liegt dies oft an den Bedingungen in den Flüchtlingsheimen: „Die Kinder haben keinen Raum zum stillen Lernen.“ Viele der Flüchtlingskinder fühlen sich gedemütigt, weil sie in Bosnien gute Schüler waren und hier ohne Deutschkenntnisse hilflos in den Klassen rumsitzen. „Die Schulen in Bosnien sind gut und viele der bosnischen Schüler sind hochintelligent,“ bestätigt auch Peter Schilling, stellvertretender Rektor des Schulzentrums am Waller Ring. aw