Berlins SPD will wieder groß koalieren

Berliner SPD-Spitzenriege drängt die Partei in Verhandlungen mit der CDU. Die Oppositionsrolle sei „weder Fisch noch Fleisch“, meint der Fraktionsvorsitzende Klaus Böger  ■ Aus Berlin Severin Weiland

Wenn der Berliner SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Böger in diesen Tagen an die innerparteilichen Diskussionen denkt, sieht er seine Partei bereits auf dem Weg zum Schlachthof. Das „Gerede“ von Opposition oder „verantwortlicher Opposition“, warnte der 50jährige gestern die Parteilinke, sei „nicht Fisch noch Fleisch“, sondern „Hackfleisch“ für die Partei.

Eine Woche vor dem außerordentlichen Landesparteitag wartete die SPD-Führung gestern mit einer siebenköpfigen Riege von Spitzenpolitikern auf, um Druck für eine Fortsetzung der Großen Koalition zu machen. Die Partei dürfe sich nicht von vornherein „Sondierungsgesprächen“ mit der CDU verweigern, lautetet der einhellige Appell. Hintergrund des massiven Einsatzes ist ein von Landesschatzmeister Klaus-Uwe Benneter formulierter Antrag, mit dem Ende der Legislaturperiode am 30. November ohne Verhandlungen auf die Oppositionsbänke zu wechseln. Offensichtlich zur Beruhigung der Basis kündigte die gescheiterte SPD-Spitzenkandidatin Ingrid Stahmer zugleich „Informationsgespräche“ mit den Grünen an. Der Ex-Regierende Walter Momper – der zunächst eine derartige Kontaktaufnahme als „Quatsch“ abgetan hatte – empfahl eine Diskussion mit den Grünen über den Schuldenberg. Das Haushaltsproblem sei von einer „solchen Dimension, daß auch die einbezogen werden sollten, die künftig in der Opposition sind“.

Nach dem Fahrplan der Führungsriege soll ein Parteitag Mitte Dezember die Ergebnisse der Sondierungsgespräche beraten und anschließend ein Mandat für Koalitionsverhandlungen absegnen. Begründet wurden die Gespräche mit der CDU unter anderem mit der Dringlichkeit, die Fusion mit Brandenburg voranzutreiben.

Hinter den Parteikulissen wird derweil darauf gesetzt, sich in einem künftigen Senat über das bisher von der CDU gehaltene Finanzressort zu profilieren. Bereits am Dienstag hatte sich Bausenator Wolfgang Nagel, der für eine Regierung mit der CDU plädiert, mit drastischen Kürzungsvorschlägen bei künftigen Vorhaben exponiert und seinen Namen als Finanzsenator ins Spiel gebracht. Daß ausgerechnet Nagel an der gestrigen Pressekonferenz der Koalitionsbefürworter fehlte, löste allerdings Erstaunen aus. Nagel-Freund Momper versicherte jedoch, daß der Bausenator in allen Fragen hinter ihm stehe.

Unterdessen signalisierte die CDU gestern ihre Bereitschaft, ohne Vorbedingungen in Koalitionsgespräche zu gehen. CDU- Fraktionschef Klaus-Rüdiger Landowsky gab sich optimistsich: Er sei sicher, daß am Ende bei der SPD die „vernünftigen Kräfte“ die Oberhand behalten würden.