„Satzungsänderungen durch die kalte Küche“

■ Der FC St. Pauli weiter im Konflikt zwischen Professionalität und Basisdemokratie

Am Ende empfand es Heinz Weisener nur noch als „peinlich, sehr peinlich“. Gerade war der Präsident des FC St. Pauli am Montag abend auf der Jahreshauptversammlung zum Ehrenmitglied ernannt worden, der Applaus aller 249 anwesenden Mitglieder im Großen Mozartsaal kaum verhallt, fand die ausgelassene, fast schon klischeehaft-harmonische Stimmung abrupt ihr Ende. Böse Worte flogen durch den Raum. Es sei „befremdlich“, auf welche Weise entschieden werden solle, polterten etliche genervte Mitglieder: „Durch die kalte Küche“ sollten Satzungsänderungen durchgepaukt werden.

Dabei hatte Vorstandsmitglied Gustav Rabenstein mit seinem Antrag nur Gutes im Sinn. Um mehr Mitglieder zu bekommen – der FC ist mit 1.700 der kleinste Bundesligist – soll Vereinszugehörigen bei den begehrten Dauerkarten ein Vorkaufsrecht eingeräumt werden, zusätzlich noch ein Preiserlaß auf die nicht-ermäßigten Karten von fünf Prozent. Im Gegenzug sollen die Vereinsbeiträge für aktive Mitglieder um 1,80 Mark erhöht werden. „Das ist zuviel“, wurde der Antrag kritisiert und nach halbstündigem Hin und Her von Rabenstein wieder zurückgezogen. Eine Diskussionsrunde, bestehend aus Vorstandsmitgliedern und einigen Fanvertretern, soll nun in der Winterpause darüber beraten, wie das Problem zu lösen ist.

Vizepräsident Christian Hinzpeter würde das ganze Theater am liebsten „schnell vergessen“, doch so einfach, wie er es gerne hätte, wird es vermutlich nicht laufen. „Die rege Diskussion“, die Mäzen Weisener, gesehen habe wollte, „ein Zeichen dafür, daß der Verein lebt“, könnte der Auftakt zu einer Dauerdebatte gewesen sein, schließlich haben sich die Pauli-Fans Mitspracherechte erkämpft wie bei keinem zweiten Bundesligaclub. Und auf deren Einhaltung werden die Anhänger bei zukünftigen Entscheidungen pochen, von denen einige anstehen.

Der Stadionausbau – erste Entwürfe sollen im Januar vorgestellt werden – birgt noch den geringsten Konfliktstoff. „Vorschläge sind willkommen“, signalisierte Weisener erneut Gesprächsbereitschaft. Schwieriger dürfte es mit der Satzungsänderung werden. Auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung muß im Frühjahr über die DFB-Forderung beraten werden, einen Aufsichtsrat zu installieren, der den Präsidenten wählen soll. Das werden die Mitglieder nicht ohne weiteres hinnehmen wollen. Schon jetzt ist in Fankreisen vom „Kungel-Gremium“ die Rede, eine Ablehnung wahrscheinlich. Dann könnte es für Weisener wirklich peinlich werden. cleg

Der FC St. Pauli spielt heute um 20 Uhr am Millerntor gegen den 1. FC Köln.