■ 2000 Anschläge – die Gastkolumne
: Die Trümpfe raus!

Schlimme Zeiten stehen nicht nur bevor, sondern sind für die Bremer Kulturlandschaft seit langem Normalzustand. Unnötig, die Sorgen zu wiederholen – die Nöte sind für die Betroffenen handgreiflich. Dennoch das Wunder: Besucher von außerhalb staunen über die zahlreichen interessanten und qualitätvollen Veranstaltungen aus allen Bereichen die stets – gemessen an anderen Großstädten – ein beträchtliches Publikum erreichen. Hier ist ein enormer Einsatz aller Beteiligten zu verzeichnen, mit den minimalen staatlichen Mitteln ein Maximum an Qualität und Vielfalt zu schaffen – das Bremer Theater ist dafür nur ein Beispiel von vielen.

Unfaßbar, daß die Politiker sich nicht mit diesen Trümpfen bremischer Kreativität schmücken – es wäre ein Leichtes, sich in diesem einzigen, gerade nicht durch Gesetze festgelegten Feld zu profilieren statt es zu plündern. Offensichtlich hat sich das hohe Image von Kultur wohl schon in der Wirtschaft als probates Marketingmittel erwiesen, aber für die Politiker scheint es die Strafabteilung zu sein.

Gerade in Zeiten des Mangels sollte man sich in Bremen auf die Stärken besinnen – und das ist nicht nur eine Frage des Geldes, sondern auch der öffentlichen Haltung. Solange ständig Ausgaben für soziale Notlagen mit den Ausgaben für Hochkultur konfrontiert werden, entziehen sich die Politiker leichtfertig ihren Aufgaben in einer Kulturnation.

Eine Gegenüberstellung zu den Kosten der Postenvermehrung der großen Koalition wäre ergiebiger.

Gerade weil das Kulturleben für alle von einer Minderheit geprägt wird, braucht diese Minderheit den Schutz des Staates. Die schmerzhaften Einschnitte in allen Bereichen des privaten und öffentlichen Lebens können wohl auch den Kulturbereich nicht verschonen – aber dazu bedarf es Einfühlung, Sachverstand und Dialog bei der zuständigen Senatorin. Nach den 100 und mehr Tagen ist davon nichts zu sehen – und die bisherigen öffentlichen Äußerungen lassen befürchten, daß die Kultur in dieser Senatorin nicht den stärksten Bündnispartner im Senat hat. Wie kann man denn einer Giftliste begegnen – wenn nicht mit eigenen Vorstellungen?

Kulturpolitik im Zeichen der leeren Kassen erfordert klare Konzepte und mutige Entscheidungen, die in öffentlicher Diskussion nachvollziehbar sein müssen.

Schutz des Alten (Museen, Theater Bibliotheken etc.) ist ein Kriterium dafür, die Förderung des Neuen, Experimentellen ein anderes. Was im einzeln dann zu erhalten ist – muß politisch verantwortet werden.

Kontraproduktiv aber wirkt die Fülle der staatlich geförderten Aktionen im Ausstellungsbereich. Bald ist kein öffentliches Gebäude mehr vor Ausstellungen und Konzerten sicher. Nicht immer entstehen die Bewegungen von unten, von Künstlern – oft werden sie in Amtsstuben ausgedacht. Weniger wäre hier mehr, auswählen und stärken ist nötig.

Eine der größten Aufgabe besteht außerdem zur Zeit darin, ein effektives Instrument für eine überregionale Presseberichterstattung zu entwickeln. Hier muß mit relativ wenigen Mitteln auch nach außen sichtbar gemacht werden, daß Bremen in vielen Bereichen den Vergleich mit andren Städten nicht zu scheuen braucht.

Katrin Rabus, Galeristin