■ Mit Online-Diensten auf du und du
: Burda ohne Springer

Berlin (taz) – Mehrere Jahre lang hat der Axel Springer-Verlag versucht, den vergilbten „Btx“-Dienst der Telekom aufzumöbeln. 1994 stieg er aus dem Vertrag mit der Telekom aus, Springer wollte sich lieber an Burdas „Europe Online“ beteiligen. Auch diesen Plan hat der Hamburger Verlag jetzt fallenlassen. Der Grund sei, läßt Springers Welt verlauten, die „undurchsichtige Unternehmenspolitik“ bei der Burda- Tochter, die Europe-Online betreiben soll. Dort geben sich internationale Partner, wie etwa die französische Matra-Hachette und die englische Pearson-Gruppe, die Klinke in die Hand, kaufen Anteile, die sie umgehend wieder loswerden wollen.

Deutsche Online-Partner, die nur auf den Start nach dem Fall des Telekom-Monopls 1998 warten, stehen ohnehin Schlange. So steigt Springer jetzt mit 30 Prozent bei der „Business TV International“ (BTI), ein, an der die beiden Stromkonzerne Veba und RWE mit ihren langen Leitungen beteiligt sind, nebst einigen kleineren TV-Produzenten.

Auch Burdas engste Konkurrenz ist schon weit vorausgeeilt. Seit der Funkausstellung testet das Joint-Venture von Bertelsmann und dem US-amerikanischen Marktführer „America Online“ (AOL) sein Netz mit mehr als 4.000 Teilnehmern. Bis Weihnachten will AOL seinen Dienst in Deutschland, und England breit anbieten, ab Februar auch in Frankreich.

Bernd Schiphorst, bei Bertelsmann verantwortlich für die Kooperation mit AOL, ist sehr daran interessiert, Springer als Inhaltsanbieter zu gewinnen. Die Zeichen dafür stehen nicht schlecht, hat doch der Geschäftsführer der deutschen AOL-Filiale, Jan Henric Buettner, seinerzeit die Online-Aktivitäten für Springer im Joint- Venture mit der Telekom koordiniert.

Und auch bei Burda zeichnen sich Annäherungen zum Konkurrenten Bertelsmann ab. Burdas eigene fünfköpfige Redaktion für Online-Inhalte will möglichst bald ihre Angebote verbreiten und nicht auf den Start von Europe-Online warten. Das Branchenblatt text intern orakelt, daß sich die Burda- Online-Redaktion auch „AOL als Trägermedium“ vorstellen könne. Insgesamt, schreibt die Welt, stehe hinter diesen Entscheidungen die Einschätzung, daß abonnierbare Datendienste gegenüber dem allgemein zugänglichen Internet geringere Marktchancen hätten. Jürgen Bischoff