Schwarz-grüne Zukunft

Eine grüne Spitzenfrau und ein CDU-Landeschef im Gespräch über schwarz-grüne Perspektiven  ■ Aus Hannover Jürgen Voges

Äußerlich paßten sie recht gut zusammen, die Spitzen-Grüne und der CDU- Landespolitiker, die da auf Einladung der Konrad-Adenauer- Stiftung über „Schwarz-Grün: Provokation oder realistische Perspektive?“ sprachen. Inhaltlich konnten Krista Sager und Christian Wulff am Mittwoch abend jedoch nicht zueinander finden. Noch nicht, könnte man fast meinen, denn zugleich sahen beide eine wachsende Zahl von Gemeinsamkeiten zwischen Christdemokraten und der einstigen Protestpartei. Sowohl die Grünen-Vorsitzende als auch der Chef der niedersächsischen CDU hatten sich für die meist älteren Damen und Herren in der Aula der hannoverschen Waldorfschule gleichermaßen in dezenten Angestelltenchic geworfen.

Die traditionelle Lagerbildung in Rechts und Links verliere immer mehr an Bedeutung, so leitete Krista Sager die Annäherung ein. Für Sager orientieren sich künftige politische Konstellationen mehr an konkreten Personen und Problemen. Dies gelte gerade für die kommunale Ebene, auf der die Grünen schon jetzt etwa in Gladbeck mit der CDU zusammenarbeiten, in Weimar dagegen mit der PDS. Gerade in den Städten und Gemeinden werde konkret gefragt, wer denn beispielsweise für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und für die Sicherung von Arbeitsplätzen stehe.

Bei Christian Wulff ging es sofort „um Prinzipien, um die Sache“. Grüne und CDU hätten sich in den letzten Jahren gleichermaßen verändert. „Bei den Grünen sind Leute wie Jutta Ditfurt ausgetreten. Dafür sind die ehemaligen DDR-Bürgerrechtler hinzugekommen“, stellte der CDU-Landeschef befriedigt fest. Auf der anderen Seite habe die CDU das Konzept der sozialen Marktwirtschaft zur ökologisch-sozialen Marktwirtschaft erweitert. „Die CDU ist grün geworden und muß noch grüner werden“, mahnte Wulff. Etwas mehr Grün bei den Schwarzen und etwas mehr Schwarz bei den Grünen – das könne den beiden derzeit interessantesten Parteien nur nützen.

„Die Gesellschaft verändert sich momentan sehr dramatisch“, pflichtete Krista Sager dem im Prinzip bei, sah aber noch „erhebliche soziokulturelle und programmatische Barrieren zwischen der Wählerschaft von Grünen und CDU“. An der Schwarz-Grün-Debatte sei nicht der schnelle Weg zu neuen Machtoptionen interessant, sondern der Dialog. So müsse sich die CDU vor allem endlich für „den ökologischen Strukturwandel“ einsetzen, für „die ökologische Steuerreform, den Ausstieg aus der Kernenergie und ein modernes Staatsbürgerschaftsrecht“.

Diese Barrieren zwischen Schwarz und Grün waren für Wulff bereits beseitigt: „Mit Ausnahme des Ausstiegs aus der Kernenergie sind alle diese Anforderungen weitreichend erfüllt“, modernisierte der CDU-Landespolitiker schnell seine Partei. Dennoch, Krista Sager blieb kritisch: „Ich habe Zweifel daran, ob sich Schwarz- Grün tatsächlich so zurechtwächst, daß daraus in zehn, fünfzehn Jahren tragfähige Mehrheiten werden könnten.“ Christian Wulff blieb da hoffnungsfroh. Für ihn stand fest, daß die Grünen in allen relevanten Fragen der CDU weitaus näher ständen als etwa die Jungsozialisten.

Irgendwann kam dann der Zeitpunkt, da mußte der CDU-Landeschef doch noch den Demagogen herauskehren und über die „wachsende Kriminalität“ lamentieren und die „bürgerkriegsähnlichen Zustände“ bei den hannoverschen Chaostagen und im Landkreis Lüchow-Dannenberg. Krista Sager warf sich prompt in die Bresche und verteidigte die wendländischen AKW-Gegner gegen diese Kriminalisierung. Letztlich wolle Wulff seiner Partei wohl nur den grünen Anstrich verleihen, damit eine Ökopartei obsolet würde. Ihr Fazit: „Der Bürger wird das ökologische Original und nicht die ökologische Fälschung wählen.“