Ein Opfer grüner Machtpolitiker in Hessen

■ Ex-Staatssekretär unter Iris Blaul geriert sich als Opfer eines „Küchenkabinetts“

Wiesbaden (taz) – Auf dem „Sünderbänkchen“ habe er Platz nehmen müssen, wenn im hessischen Superministerium von Iris Blaul (Bündnisgrüne) das „Küchenkabinett“ zusammenkam, um ihm die Leviten zu lesen. Vor seinen Augen hätten Blaul, ihr erster Staatssekretär Rainer Baake und der Leiter des Ministerbüros und Blauls Lebensgefährte, Wenzel Mayer, etwa sein Papier zur Neukonzeption der Zusammenlegung der beiden Ministerien zerrissen. Und am Ende habe er nicht einmal mehr eine Reisekostenabrechung unterzeichnen dürfen.

Johannes Schädler, der in den Ruhestand versetze zweite Staatssekretär von Iris Blaul, gerierte sich gestern vor dem Untersuchungsausschuß im hessischen Landtag als Opfer grüner MachtpolitikerInnen. Schon zwei Wochen nach seinem Amtsantritt habe das „Küchenkabinett“ über seinen Kopf hinweg entschieden, das Parlamentsreferat aus „seinem“ Familienministerium heraus in das Umweltministerium zu verlagern. Nach seinem Protest sei er dann von Blaul vorgeladen worden – zur Abklärung der Kompetenzen. Wenzel Mayer habe ihm bei diesem Gespräch offen gesagt: „Wir sind hier das Küchenkabinett, wir treffen die Entscheidungen.“ Er, Schädler, habe sich damit abzufinden. Von Mayer und Blaul kam da im Ausschuß der Zwischenruf: „Stimmt nicht!“

Daß sie im Ministerium über den Staatssekretär ohne Kompetenzen gelacht haben, störte Schädler offenbar wenig. „Warum sollen Angestellte nicht einmal über den Staatssekretär lachen dürfen?“ Massiv düpiert fühlte sich der selbsternannte „Experte für die Pflegeversicherung“ dann allerdings, als im Superministerium und bei der Landtagsfraktion der Bündnisgrünen die Behauptung kursierte, er sei „unfähig und illoyal“. Er könne sich schlecht selbst loben, sagte Schädler verbittert. Doch wohl nicht ohne Grund hätten rund 20 Referatsleiter seine inhaltliche Arbeit gewürdigt und die Kompetenzverlagerungen in das Umweltministerium kritisiert.

Anfang September habe ihm Blaul eröffnet, daß er seinen Hut zu nehmen habe. Er seinerseits habe erklärt, daß er nicht freiwillig gehen werde. Schädler schrieb einen Protestbrief an die Fraktion, Blaul trat am 20. September zurück. Eine Woche später versetzte Justizminister Rupert von Plottnitz den ungeliebten Staatssekretär in den Ruhstand. Plottnitz konnte die Katastrophe für die Grünen nicht verhindern. Sein Ansinnen, den Staatssekretär doch besser „in den Keller“ zu versetzen, anstatt ihn auf Kosten der Landeskasse zum Frühpensionär zu küren, scheiterte am Widerstand von Blaul und Schädler. Nach Blauls Rücktritt sei dann die Versetzung von Schädler in den Ruhestand „zwingend notwendig“ geworden, weil das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und dem Ministerium „endgültig zerrüttet“ gewesen sei. Klaus-Peter Klingelschmitt