Neid ums Begehren

■ Katholiken im Norden zögerlich. Das Kirchenvolksbegehren verläuft schleppend

„Gefordert sind pastorale Klugheit, Umsicht und die Bereitschaft, die eigene Position offen darzulegen und zu begründen“, bringt es der mit Geistlichen und Laien besetzte Diözesanpastoralrat des Erzbistums Hamburg auf den Punkt. Anlaß des Schreibens an die 180 Gemeinden: Die Unterschriftssammlung für das Kirchenvolksbegehren der Initiative „Wir sind Kirche“ bewegt bundesweit katholische Seelen und deren kirchliche Hirten – auch im hohen Norden.

„Wir wollen die Strukturen hinterfragen“, formuliert Kellinghusens Pfarrer Wolfgang Kroker, „es geht nicht um ein neues Bekenntnis, sondern um die Geschäftsordnung.“ Hoffnungsvoll betrachtet er die gemeindlichen Diskussionen: „Wir müssen aufwachen, uns den Fragen der Zeit stellen und eine Kultur des Streites entwickeln.“ Die Forderungen des Begehrens: 1. Aufbau einer geschwisterlichen Kirche und Gleichwertigkeit aller Gläubigen. 2. Volle Gleichberechtigung der Frauen, auch im Priesteramt. 3. Öffnung des Zölibates. 4. Positive Bewertung der Sexualität und 5. Betonung einer „Frohbotschaft“ statt einengender Normen.

Während im Süden der Republik der Initiative ein starker Zulauf beschieden ist, halten nordische KatholikInnen eher Abstand. Ein Beispiel ist die St. Antoniusgemeinde zu Winterhude: Von 500 MessebesucherInnen haben lediglich 25 ChristInnen unterschrieben. Angesichts der mäßigen Beteiligung fragt sich Pfarrer Johannes Pricker, ob „es noch ein Volksbegehren sei oder nur dazu gemacht wird“. Er ist sich des Diskussionsbedarfs im Bistum bewußt: „Das Fenster muß geöffnet werden.“ Der Diözesanpastoralrat schließt sich an: „Das Gespräch muß verstärkt gesucht und gefördert werden.“ Peter Beckwermert, Referent der katholischen Jugend Hamburgs, klagt: „Wir reden, mehr passiert aber nicht.“

In anderen Bistümern wurde die Unterschriftensammlung in kirchlichen Räumen untersagt, in Hamburg lasse Erzbischof Ludwig Averkamp „die Leute machen und vertraut der Kompetenz der Gemeinden“, lobt Knuth Erbe vom Bund der katholischen Jugend den hiesigen Oberhirten.

Auch Averkamps evangelische Kollegin, Bischöfin Maria Jepsen, kann der Initiative etwas abgewinnen: „Ein bißchen beneide ich die katholische Kirche darum, denn durch diese Aktion werden viele Menschen auf ihren Glauben und ihre Zugehörigkeit zur Kirche angesprochen.“ Es würde deutlich werden, daß Kirche und Glaube von Bedeutung seien und daß gute Änderungen im Sinne einer „neuen Reformation“ angestoßen würden.

Und auch das Diözesanpapier konstatiert: „Eine Reform der Kirche darf sich nicht mit den Inhalten begnügen, die das Kirchenvolksbegehren aufgreift.“ Es müsse auch die Bereitschaft zum Handeln da sein: „So läßt sich Kirche verändern.“ Miguel-Pascal Schaar