Knastausbruch bezahlt?

■ V-Mann-Prozeß: Kripo-Fluchthelfer verstricken sich in Widersprüche

Haben verdeckte Drogenfahnder die kurdische Familie D. so lange bedrängt, bis sie zustimmte, die Fluchthilfe für den inhaftierten Verwandten Mehmet D. mit Drogen zu bezahlen? Die Aussagen zweier an dem Ausbruchs-Heroin-Deal beteiligter Kripo-Beamter, bestätigen die Version der drei angeklagten Männer: Angeboten wurde zunächst nur Geld gegen Freiheit. Das aber scheint für Drogenfahnder uninteressant. Gestern wurde der polizeiliche Hauptakteur des Landeskriminalamtes (LKA) Dieter V. vor Gericht vernommen. Seine Version widerspricht der seiner Kripo-Kollegen und der Angeklagten in wesentlichen Punkten.

Von Geld ist nie die Rede gewesen“, sagte der LKAler mit dem Decknamen „Wolfgang“ aus, der theatermäßig maskiert vor Gericht erschien. Immerhin gibt er zu, darauf „beharrt“ zu haben, ein Kilo Heroin als „Vorkasse“ für die Flucht zu verlangen.

Seine Kripo-Kollegen, die den Kontakt zu dem fluchtwilligen Mehmet D. über einen Knastspitzel in Santa Fu hergestellt hatten, gaben an, daß Mehmets Verwandte Geld bezahlen wollten. Die Familie vertröstete die staatlichen Befreier immer wieder, weil sie das gewünschte Gift nicht liefern konnten. Selbst als damals ein vereinbarter Übergabetermin platzte und der Kontakt zur Familie abriß, ließ der Drogenfahnder nicht locker.

„Ist Ihnen mal der Gedanke gekommen, warum der Kontakt wieder neu aufgebaut werden mußte?“ fragte Landrichter Walk kritisch. „Hätte man die Sache nicht auf sich beruhen lassen können?“

Hartnäckigkeit auch am Abend des 1. April 1994, als erneut eine Übergabe scheiterte, weil der Überbringer und ein Cousin namens „Niko“ ohne Stoff erschienen. Vor Gericht gab LKAler „Wolfgang“ gestern zu: „Ich bin dann ärgerlich geworden.“ Mehmets Bruder „Hero“ dazu: „Er hat geschrien und gedroht.“ Die Familie gab nach und trieb am Abend 400 Gramm Heroin auf. Bei der Übergabe klickten die Handschellen. Der Prozeß wird fortgesetzt. Kai von Appen