■ Rosi Rolands Bremer Geschichten
: Geheimakte „Kultur“

Der mangelnde Kultursinn der heimischen Spitzenpolitiker hat ja manchen Museumsleiter schon in Rage gebracht. Klaus Wedemeier z.B. war auch in dieser Disziplin Spitze: Zweimal, so die offizielle Zählung, besuchte er während seiner Amtszeit die Kunsthalle – selbst Präsident Roman Herzog schaffte es genauso häufig; nächsten Dienstag kommt er schon wieder.

Die unselige Bremer Tradition scheint sich, so jammern zähneknirschend die kleinen wie die großen Kulturschaffenden, nun fortzusetzen – und zwar in Gestalt der Kultursenatorin Kahrs.

100 Tage und mehr schon im Amt, aber noch keine Theaterpremiere besucht! Immerhin hat sie sich jetzt probehalber zwei Karten für die „Burgunderprinzessin“ im Schauspielhaus reservieren lassen. War sie schon in der Kunsthalle? In der Weserburg gar? Ach, des Klagens wäre kein Ende – wäre alles nicht in Wahrheit Teil einer ausgefuchsten Kulturstrategie.

Die wohl lautet: Nur nicht zu früh heraus mit den Trümpfen. Nur nicht allzu früh die geschliffen scharfen Argumente gegen Nölles „Giftliste“ auf den Tisch. Ja, so geheim sind Kahrsens Kulturstrategien, daß auch engste Mitarbeiter nicht eingeweiht werden: Am Montag, beim Dacapo-Geburtstag, ließ sie selbst die vom Kulturamtsleiter vorbereitete Rede im Sack, auf daß ja nichts Konkretes ausgeplaudert werde, und überraschte das Volk mit einer Viertelstunde wolkigen Gewäschs. Gut gegeben!

So hält sich Kahrs klug aus allem raus. Z.B. aus dem Dacapo-Konzert, zu dem sie eigentich gekommen war. Geschickt bog die Senatorin vor Konzerbeginn in die Übersee-Bar ab, um mit Dacapochef Ingo Ahmels einen Mangococktail zu schlürfen. Ob sie sich da nicht zu weit vorgewagt hat? Der giftlistengebeutelte Klaus Pierwoß z.B., immerhin nun ja doch Generalintendant der Bremer Bühnen, ist schließlich auch erst am 15.11. dran, um Kahrs und evtl. ihre Ideen erstmals leibhaftig kennenzulernen. Da können andere lange warten!

Wenn z.B. der Kulturrat sich sooo kurzfristig in der Behörde meldet wie jetzt und innerhalb von nur zehn Tagen eine öffentliche Diskussion mit der Senatorin erzwingen will – dann muß Kahrs ja abblocken. Soll sie denn jetzt schon, nach 111 Tagen, alles ausplaudern? All ihre Giftpfeile verschießen? Fragt nochmal in 1000 Tagen nach, Leutchen – dann sehen wir weiter!

Rosi Roland