ÖTV: Solidarpakt wäre verfassungswidrig

■ Kürzung der Beamtenbesoldung verstößt gegen Gleichheitsgrundsatz

Johannes Beermann kann sich auf eine Fahrt nach Karlsruhe vorbereiten – allerdings nur, wenn der neue Chef der Senatskommission für das Personalwesen das wahrmacht, was er angekündigt hat. Er will die Besoldung der bremischen BeamtInnen vom Rest der Republik abkoppeln. Und das hat die ÖTV in Harnisch gebracht. „Bereits vom Ansatz her nicht möglich“ attestierte Jan Kahmann von der ÖTV. Die Pläne verstießen gleich gegen zwei Grundgesetz-Artikel: Einmal gegen den garantierten Gleichbehandlungsgrundsatz und zum zweiten gegen den grundgesetzlich garantieren „amtsangemessenen Unterhalt“ der BeamtInnen, „und der ist nicht von der Haushaltslage abhängig“, sagte gestern ÖTV-Sekretär Onno Danneberg. Vorsorglich sagte die Gewerkschaft schonmal ihren Mitgliedern Rechtsschutz für den Fall zu, daß der Senat die Pläne trotzdem durchsetzt.

Ohnehin wird die Lage um den angepeilten Solidarpakt immer verworrener. Nachdem Reinhard Hoffmann, der sozialdemokratische Chef der Senatskanzlei mit den Vorstellungen von 9,1-prozentiger Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich vorgeprescht war, hat nun Beermann, der CDU-Boß der SKP, das Heft des Handelns übernommen. Am Mittwoch hat sich Beermann vom Kommunalen Arbeitgeberverband Bremen das Placet für Verhandlungen mit den Gewerkschaften geben lassen. In diesem Arbeitgeberverband sind die Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven und die kommunalen Eigenbetriebe vertreten. Und deren Verhandlungsauftrag hat er den ArbeitnehmervertreterInnen auch mitgeteilt. Allerdings in einer Art und Weise, die an der Sache völlig vorbeigeht, die aber von den Gewerkschaften als politisches Signal gewertet wird.

Der Grund für diese Annahme: Beermann schickte seine Bevollmächtigung und den Vorschlag, man müsse sich so schnell wie möglich treffen, an die ÖTV, die GEW, die Polizeigewerkschaft und die DAG. Nur gehen diese Verhandlungen drei von vier Adressaten gar nichts an. Die kummunalen Arbeitgeber verhandeln nämlich allein die Tarife der ArbeiterInnen, und die sind nun nicht gerade bei der GdP, der GEW oder der DAG organisiert. Die Angestelltentarife, die diese drei Gewerkschaften eigentlich interessieren, werden von der Tarifgemeinschaft der deutschen Länder verhandelt. Die hat ihren Hauptsitz in Bonn, von dem sich der Gesamtsenat, und nicht allein die SKP, ihr Verhandlungsplacet holen müßte. Das ist allerdings noch nicht passiert. Und für die Öffnungsklausel der Beamtenbezüge müßte gar der Bundestag mehrheitlich sein Händchen heben, die können auf Landesebene überhaupt nicht verhandelt werden. All das ist Tarifrechtlich aufs allergenaueste geregelt, weshalb sich einige GewerkschafterInnen die Frage stellen, ob Beermann entweder nicht gewußt habe, von wem er da ein Placet wofür bekommen hat, oder ob ein politisches Signal hinter dem demonstrativ herumgeschickten Verhandlungsauftrag steht: Die CDU versucht, das Thema „Solidarpakt“, den sie bislang politische eher bekämpft hat, zu besetzen und in „schiere Kürzungsrunde“ umzudefinieren.

Davor stehen allerdings immer noch die Entscheidungen auf Bundesebene. Vor jeder Öffnung der Bundestarifverträge für bremische Spar-Besonderheiten müssen die Tarifparteien eine Etage höher zustimmen: die öffentlichen Arbeitgeber mit Bundesinnenminister Kanther an der Spitze und die Hauptvorstände der Gewerkschaften des Öffentlichen Dienstes, allen voran die ÖTV. All das steht noch aus. J.G.