Das Portrait
: Unruheständlerin

■ Pam Baker

Mit ihren 64 Jahren kommt Pam Baker erst so richtig in Fahrt. „Ich war 25 Jahre lang im Ruhestand, um meine Kinder großzuziehen. Noch mal werde ich nicht in Rente gehen“, sagt sie. „Irgendwann werde ich tot umfallen und hoffentlich die eine oder andere Regierung damit ärgern.“ Vor 13 Jahren hat sie sich scheiden lassen und ihre Jura-Kenntnisse aufgefrischt. Als Beraterin der Abteilung für Rechtshilfe der Kolonialregierung kam sie nach Hongkong.

Seit etlichen Jahren engagiert sie sich für die Zehntausenden von Flüchtlingen aus Vietnam, die in Lagern in der Umgebung Hongkongs leben. Seit 1988 müssen vietnamesische Flüchtlinge beweisen, daß sie politisch verfolgt wurden, bevor ihnen erlaubt wird, in ein drittes Land umzusiedeln. Damit begann ein Überprüfungsverfahren, das Pam Baker immer wieder als beschämend kritisiert hat, durchaus nicht zur Freude des UN-Flüchtlingshilfswerks. Das UNHCR verbot ihr, die Flüchtlingslager zu betreten. „Die behaupten, ich würde den Leuten falsche Hoffnungen machen, wenn ich ihnen von ihren Rechten erzähle.“

Ihr Engagement erfreut die Kolonialregierung in Hongkong genauso wenig. Pam Baker kündigte 1991 und verzichtete auf ihr fürstliches Gehalt als Kolonialbeamtin. Heute lebt sie auf 25 Quadratmetern, was selbst für die Wohnverhältnisse in Hongkong wenig ist. Seit sie Refugee Concern gegründet hat, eine Organisation, die kostenlos Flüchtlinge berät, teilt sie sich ein kleines Büro mit vier Rechtsanwälten. Ihre Energie ist ungebrochen.

Pam Baker hilft Flüchtlingen

Foto: taz-Archiv

Mit entrüsteter Stimme erzählt sie von ihrer Arbeit: Ein vietnamesischer Angestellter in einer Kohlenmine war von den Behörden wegen „Aufwiegelung der Arbeiter gegen die Regierung und Störung der öffentlichen Sicherheit“ angeklagt worden. Doch die Überprüfungskommission in Hongkong war der Ansicht, er sei kein politischer Flüchtling und schickte ihn zurück nach Vietnam. „Das ist das Schlimme an all diesen Entscheidungen“, sagt Pam Baker, „sie werden von böswilligen, ignoranten Idioten getroffen.“

Peking hat angekündigt, alle Flüchtlinge müßten verschwinden, bis Hongkong 1997 chinesisch wird. „Es ist eine so demütigende Erfahrung, die Flüchtlinge zu sehen, kurz bevor sie abgeschoben werden“, sagt Pam Baker. „Du weißt, du kannst nichts für sie tun, außer ihnen zu zeigen, daß sie dir nicht egal sind.“ Catherine Sampson