„Wer Frieden will, muß ihn erforschen“

■ Konfliktlösungsstrategien für Vietnam, Nahen Osten, Bosnien und Rußland aus Hessen: Das größte Friedensforschungsinstitut in Europa feiert Jubiläum

Frankfurt/Main (taz) – Eine Institution hat Geburtstag: 25 Jahre alt wurde gestern die renommierte Hessische Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) mit Sitz in Frankfurt am Main. Die HSFK feierte sich in diesen Tagen sachlich-trocken selbst mit einer wissenschaftlichen Konferenz zum Thema: „Die europäische Friedensordnung und die Souveränität der Staaten.“

Und die HSFK wurde gestern gefeiert: Mit einem Festakt im Landtag, zu dem der Vorsitzende des Stiftungsbeirates der HSFK, der hessische Ministerpräsident Hans Eichel (SPD), geladen hatte.

Die HSFK wurde 1970 – als der Vietnamkrieg noch tobte – von der hessischen Landesregierung als Stiftung des öffentlichen Rechts gegründet. Aufgabe der HSFK sollte es sein, die Ursachen von internen und internationalen Konflikten zu eruieren, um eine präventive Bearbeitung entwickeln und Schritte zu einer Konfliktlösung ohne militärische Gewalt befördern zu können. Das inzwischen größte Friedensforschungsinstitut in Europa mit seinen 20 wissenschaftlichen MitarbeiterInnen und 15 Angestellten gliedert sich heute in vier Forschungsgruppen: Weltordnung und Weltkonflikte, Sicherheit in Europa, Entwicklung und Nationenbildung und politische Psychologie, Sozialisation und Friedenserziehung.

Immer wieder hat sich die HSFK in den vergangenen 25 Jahren eingemischt in die Debatten der politischen Klasse und der Öffentlichkeit in Deutschland zu „Krieg und Frieden“ und zu Konfliktlösungsstrategien. Es war die HSFK, die in Europa zuerst an Friedensmodellen für den Nahen Osten arbeitete.

Es war die HSFK, die schon vor drei Jahren die Entsendung großer bewaffneter und zum Kampfeinsatz bereiter Kontingente von „Soldiers of Peace“ der UN nach Bosnien forderte, um den mörderischen Krieg der bosnischen Serben gegen die Muslime umgehend beenden zu können. Und vor wenigen Wochen machten die WissenschaftlerInnen Anette Schaper und Harald Müller von der HSFK auf die Gefahren der maroden Plutoniumlager in Rußland aufmerksam.

Das geschäftsführende Vorstandsmitglied der HSFK, Ernst Otto Czempiel, beklagte gestern in seiner Rede zum 25jährigen Gründungsjubiläum, daß die Chance zum „Rückbau der Gesellschaft von der Deformation durch den Kalten Krieg“ nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes nicht genutzt worden sei.

Die Sache der Friedensforschung ist und bleibe die Sache weniger Bundesländer, unter denen das Land Hessen einen herausragenden Platz einnehme. Czempiel: „Gäbe es die Bundesländer nicht, gäbe es vor allem das Land Hessen nicht, so würde sich das wiedervereinigte Deutschland zu erkennen geben als ein Staat, der nach der Rückgewinnung seiner Souveränität und Handlungsfreiheit auf die Erforschung des Friedens lieber verzichtet und statt dessen wieder verstärkt auf das herkömmliche Instrument des Militärs und auf den Krieg als Mittel der Politik setzt.“

Und Czempiel verwies auf den, nach dem Ende des Kalten Krieges neu kreierten Leitsatz der HSFK: „Si vis pacem, explora pacem.“ Wenn du den Frieden willst, erforsche den Frieden. Klaus-Peter Klingelschmitt