■ Urdrüs wahre Kolumne
: Schafft die Schule ab

So ändern sich die Zeiten: War der Wodka Marke „Gorbatschow“ immerhin noch ein achtbares Destillat in den Markenartikel-Regalen, so wird jetzt unter der Bezeichnung „Boris Jelzin“ im Sortiment der Billigheimer des Handels für 7,99 DM ein kopfschmerzträchtiger Likör auf Wodkabasis mit versafteten Blutorangen offeriert: Da fordern wir aber eine Rückbesinnung auf wahre russische Werte und werden erst dann wieder unsere Schnapsnase in solche Flüssigkeiten hängen, wenn sie mit dem Gütesiegel Wladimir Iljitsch vertrieben werden!

Wie heimatkundlich erwärmend der von der bremischen Jungschar propagierte Gedanke, dem politischen Giftmischer Ulrich Nöllikowsky künftig in guter hanseatischer Tradition einen eigenen Spuckstein zu widmen. Und dürfte dies auch beim derart Gedemütigten mit einiger Erleichterung aufgenommen werden: Hat erst eine symbolische Erhöhung der ursprünglich-spontanen Wünsche stattgefunden, bleibt das Antlitz des ehemalligen (?) Sparkassenangestellten doch so vom gelben Schleimer aus der Kehle tiefer Wut verschont. Ist schon recht so!

Daß die behördlichen und senatorischen Sesselfurzer einerseits und die lokalpatriotischen Bierdümpler andererseits in der jetzigen Situation Bremens nicht den rein sachlich naheliegenden Gedanken verfolgen, die Veranstaltung „Kleinstes Bundesland“ aus Kostengründen abzusagen und den Herrn Ministerpräsidenten zum Oberbürgermeister und den Finanzsenator zum Stadtkämmerer zu machen, ist menschlich verständlich, aber kaum noch einsehbar. Nur eine Antwort aber kann es auf die Frage geben, warum ernstzunehemende Medienvertreter diesen Gedanken nicht wie der alte Cato seinen Bannspruch gegen Karthago immer wieder in die Debatte werfen: Schuld daran ist der Steuerfreibetrag für Parlamentsjournalisten, der ja durch nichts als ein bißchen Wohlverhalten zu legitimieren ist. Weg damit!

Wie sehr Gottes Leib auf Erden auf den Hund gekommen ist, bewies dieser Tage ein Gottesdienst seiner Gemeinde in Nordenham, wo neben rund einhundert humanoiden Gläubigen ebensoviele Kläffer, Stallhasen und Miezekatzen der Predigt von Pastor Biermann (!) lauschten. Gesungen wurde das Lied „Kein Tierlein ist Dir, lieber Gott zu klein“ und doch wurde in Heiligtum und Fürbitte zwar jeder x-beliebige Königspudel und jeder hergelaufene Belgische Rammler einbezogen, nicht aber die geduldige Zecke und die bescheidene Amöbe. Das Warum? mögen bitte die Theologen klären.

In die Schar der Rücktrittsforderer in Sachen Staatsrat Hoppensack hat sich jetzt auch die Junge Union eingereiht und läßt durch ihren Vorkoster Jens „Handballdame“ Eckhoff nach dem Tod eines Asylbewerbers auf dem Behördenweg erklären: „Auch wenn das sicherlich nicht vorsätzlich geschah, muß der Leiter einer Behörde die politische Verantwortung übernehemen und sein Amt zur Verfügung stellen“. Zum Beispiel für einen, der die Liquidation von Flüchtlingen mit Vorsatz betreibt und das auch noch aus politischer Verantwortung?

Wegen bodenlos-leichtfertiger Anregung wahrhaft fundamentaler Diskussuionen sollten die stadtbremischen Paukisten ihre Anführer von der GEW zur Rechenschaft ziehen. Verkünden sie doch in ihrer Anzeige zur Kundgebung vor dem Rathaus als Tip an den Finanzsenator zum Weltspartag: „Schafft die Schule ab – die kostet nur Geld!“ Und wenn das am Ende jemand so ernst nimmt wie ich, dann ist Schluß mit Lustig, Chablis, Ausschlafen am Wandertag, Wohnmobil und Schafsaugenlutschen in den Anden...kann das denn gewollt sein?

Ulrich Reineking-Bindestrich