Kalte Füße in der Behörde

■ Wie sich die Ämter mit der fehlenden Wärme im Raum E 02 erfolglos herumschlagen

Auf 30 Prozent, so hat der im Bildungsbereich erfahrene Staatsrat Prof. Hoffmann jüngst berichtet, schätzen Fachleute das Einsparpotential in der Öffentlichen Verwaltung – durch Reform. Das ließe sich nicht von oben dekretieren, die Betroffenen wüßten selbst am besten, was man ändern kann.

Das wird vielfach bezweifelt. Warum, dafür lieferte jüngst die Deputation für Bildung ein schönes Beispiel. Deputationen, das sind Gesetzgebungsausschüsse der Bürgerschaft, die – bremische Besonderheit – sich auch in Verwaltungsangelegenheiten einmischen. Die Deputation für Bildung hatte auf ihrer letzten Sitzung im Oktober ein heißes Thema: Angesichts des drohenden Wintereinbruchs stand die Frage an, warum es im Raum E02 der Berufsschule für Elektrotechnik immer so kalt ist. Es zieht den Verwaltungsdamen, die dort sitzen, an den Beinen, war dem Volksvertreter Jörg Jäger (CDU) zu Ohren gekommen.

Seit dem letzten Winter ist die Kälte im Raum E 02 aktenkundig. Für solche Fälle haben die Behörden nämlich den „amtsärztlichen Dienst“. Der war eingeschaltet worden, und er war in Aktion getreten. Schon im März hatte er eine Fachkraft für Arbeitssicherheit (offizielle Abkürzung: ASD) geschickt, und die hatte gemessen. In ihrem Bericht kommt es zu folgenden „Feststellungen: Die mittlere Temperatur lag bei 17 Grad C. An kalten Tagen wurde die für überwiegend sitzende Tätigkeit vorgeschriebene Zimmertemperatur von 19 Grad C nicht erreicht.“ Kurz: Es ist zu kalt. Und zu trocken.

Was tun? Die ASD-Fachkraft hatte angeregt, den Zustand der Heizung zu überprüfen. Zuständig dafür ist das Hochbauamt. Das Hochbauamt stellte fest, daß die Heizung nicht zu beanstanden sei. Über den Sommer hin wuchs sich das Thema dank des Engagements des CDU-Abgeordneten Jäger zum Politikum aus: Die Bildungsverwaltung solle berichten, was sie gegen die Kälte zu tun gedenke.

Der amtsärztliche Dienst erwog: „Eine elektrisch beheizbare Fußstütze“ könnte besorgt werden, und „ein Luftbefeuchter mit Filter, der aber regelmäßig gewartet werden muß“. Die Bildungsbehörde barsch: „Unwirtschaftliche Lösungen können nicht infrage kommen.“

Andere Ideen sind dagegen kostengünstig. Der Deputation wurde in diesem Sinne mitgeteilt: „Die Zimmertemperatur kann durch Schließen der Tür erhöht werden.“ Und: „Gegen zu trockene Luft soll von Zeit zu Zeit das Fenster ganz (Stoßlüftung) oder teilweise geöffnet werden.“ Ob dies den Betroffenen mitgeteilt wurde?

Eine andere vom ASD vorgeschlagene Maßnahme: „Wegen der vom Flur in das Sekretariats-Zimmer eindringenden Kaltluft sollen die Schreibtischrückseiten, die zur Tür zeigen, mit Rückwänden bis auf den Fußboden hin verkleidet werden.“ Bis heute sind sie nicht verkleidet, mußte die taz vor Ort feststellen. Am Freitag mittag schaltete sich dann der Leiter der Berufsschule ein: Das von dem taz-Fotografen ohne seine Zustimmung gemachte Foto des Schreibtisches in Zimmer E 02 dürfe nicht erscheinen, sagt er. Er könne das verlangen, er habe sich bei der Presssesprecherin des Bildungssenators rückversichert.

Eine halbe Stunde später: Die Pressesprecherin des Bildungssenators ruft an. Der Leiter der Berufsschule habe sie wieder angerufen und gesagt, die taz wolle ihren Lesern mitteilen, daß das Foto nicht erscheine, weil der Leiter der Berufsschule dies nicht wolle. Sie wolle doch ganz kollegial bitten, sowohl auf das Foto wie auf diese Bemerkung zu verzichten...

Wie hatte der Staatsrat gesagt? Einsparpotential im Öffentlichen Dienst 30 Prozent – aber nicht nur bei den Heizkosten. K.W.