Jurastudent mit Lizenz zum Waffentragen

■ Der 27jährige Yigal Amir, der die tödlichen Schüsse abgab, hatte schon seit einem Jahr geplant, Rabin zu ermorden. Zweimal war er in seiner Nähe gewesen

„Er war immer nett und gemäßigt“, sagt Avishai Raviv über den Mörder Jitzhak Rabins. Raviv ist der Chef der rechtsradikalen jüdischen Gruppe Eyal, die auch für Anschläge gegen Araber verantwortlich sein soll. Zwar sei der 27jährige Jurastudent Yigal Amir nicht Mitglied bei Eyal gewesen, aber: „Wir kannten ihn durch unsere Aktivitäten.“ Mit dem Mord an Rabin will die Gruppe jedoch nichts zu tun haben.

Im Juni stand der dünne Mann mit den schwarzen Locken in der Westbank neben einem mobilen Toilettenhäuschen auf dem stand: „Das Oslo-Abkommen“. Daneben hingen Transparente mit der Aufschrift: „Die Erde Israels ist in Gefahr.“ Den Reportern diktierte der junge Mann damals: „Die Regierung hat kein Rückgrat. Für den Frieden will sie alles aufgeben.“

Den Ort, an dem er stand, nannte er „Maale Yisrael“ – „Aufstieg zu Israel“. Rechte Israelis hatten die provisorische Siedlung illegal errichtet. „Dies ist allerheiligstes Land. Vor zweitausend Jahren haben hier in Samaria und in Jerusalem die meisten Juden gelebt“, erklärte Amir, der von der Siedlung aus täglich per Anhalter zur Universität von Tel Aviv fuhr. Egal was die Regierung tun werde, erklärte er, für immer würden Juden die Westbank kontrollieren.

Am Samstag feuerte Yigal Amir aus einer 9-Millimeter-Pistole drei Schüsse auf Jitzhak Rabin ab. Polizisten berichteten anschließend, er habe die Tat mit geradezu surrealer Ruhe gestanden und erklärt, er bereue nichts. Schon seit einem Jahr habe er geplant, den Regierungschef zu ermorden, sein Auftraggeber sei Gott. Laut israelischen Medienberichten war Amir schon zweimal zuvor zu Orten gereist, an denen sich Rabin der Öffentlichkeit zeigen wollte. Im Januar fuhr er zur Holocaustgedenkstätte Yad Vashem. Rabin sagte den Besuch ab, weil am gleichen Tag arabische Terroristen in Beit Lid eine Bombe zündeten. Im September war Amir dabei, als Rabin eine Autobahnverbindung einweihte.

Seine Jugend verbrachte Amir in Herzliya, einem Vorort am Strand von Tel Aviv. Seine Mutter arbeitet als Kindergärtnerin, sein Vater als Kalligraph für religiöse Texte. Seinen Militärdienst leistete Amir in einer Eliteeinheit. Aus dieser Zeit hat er – wie die meisten Israelis – eine Lizenz zum Waffentragen. Thomas Dreger