Faschismus in Unterhosen

■ Altonaer Theater: des Führers und des Duce Geliebten auf einer „Gipfelkonferenz“

Im Altonaer Theater läßt der Faschismus ab jetzt für eine Stunde die Hosen runter. Aufgeknöpft von Frauen. Von zwei besonders befugten Frauen: Eva Braun und Clara Petacci, die Geliebten des Führers und des Duce, haben Gelegenheit sich auszutauschen, während die Herren auf ihrer gemeinsamen Gipfelkonferenz, so der Name von Robert Macdonalds Stück, die Weltpolitik verhandeln.

Was auf dieser Konferenz der beiden heimlichen „First Ladies“ besprochen wird, ist der Gipfel des Profanen. Mit zunehmendem Likörkonsum verfallen die Fassaden: Sie rauchen und trinken und klemmen sich den Soldaten, der zu ihrem Service abgestellt wurde, zwischen die Beine. Konstanze Ullmer als Eva Braun und Beate Rysopp als Clara Petacci laufen zur Hochform auf, wenn sie zwischen ihren Schwärmereien für Clark Gable oder Betty Davis die Theorien ihrer Geliebten in den Raum schleudern. „Wenn dieser Krieg vorüber ist, wird jeder deutsche Haushalt ein solches Radio besitzen“, schwärmt Eva. „Wenn dieser Krieg vorbei ist, wird es keinen deutschen Haushalt mehr geben“, kontert Clara. Sie mühen sich wahrlich ab, ihren Lovern gerecht zu werden.

Als Stück zum Gedenken an das 50jährige Kriegsende hat das Altonaer Museum Gipfelkonferenz ins Programm genommen. Gestern fand dort die Premiere im kleinen Saal statt. Da wird der Rock gehoben und geschaut, was hinter den Gardinen der deutschen Frau und der italienischen Mama noch so stattfand, außer die Stiefel zu putzen für den Stechschritt des Obersturmbannführers. Wenn nicht die beiden Darstellerinnen so glänzend spielen würden, fragte man sich allerdings, ob diese Innenschau auf faschistische Lebensweisen, angereichert mit Kalauern wie „Ich mag keine Zeitungen und keine Juden“ – „Warum keine Zeitungen?“ – „Warum keine Juden?“, nicht ein wenig an die Versuche Pubertierender erinnert, sich den Schrecken der Erwachsenen fernzuhalten, indem man sie sich in Unterhosen vorstellt. Elsa Freese