Vorbild Bayern

■ Volksbegehren bald auch in Hamburg?

Das Vorbild gemahnt zu Großem. Nach dem deutlichen Erfolg der Initiative „Mehr Demokratie in Bayern“ beim Volksbegehren Anfang Oktober – 58 Prozent stimmten für die Einführung des Bürgerentscheids auf kommunaler Ebene – fühlt sich das im Sommer gegründete „Forum Bürgerinnen- und Bürgerbewegung Hamburg“ (FoBü) darin bestärkt, ähnliches in der Hansestadt zu erreichen. Gestern stellte die noch bei den Bündnisgrünen angesiedelte, parteiübergreifende Vereinigung ihren Entwurf zu einer Hamburger Volksgesetzgebung vor.

Die Kämpfer in Sachen Basisdemokratie haben sich viel vorgenommen. Bis dato ist Hamburg das einzige Bundesland, dessen Verfassung keine plebiszitären Elemente beinhaltet. Und der vom Verfassungsaussschuß der Bürgerschaft Ende Februar 1995 vorgelegte Entwurf zu einer Volksgesetzgebung ist, so Schultz, „die schlechteste Lösung in allen Bundesländern“.

Schon die erste Hürde ist kaum zu schaffen. Nach Vorstellungen der Politiker müssen zehn Prozent der Hamburger Wahlberechtigten – circa 124.000 Menschen – in 14 Tagen unterschreiben, damit ein Volksentscheid eingeleitet werden kann. Das sei „praktisch unmöglich“, klagt Michael Effler vom FoBü-Arbeitskreis „Verfassung“, und plädiert für ein niedrigeres Zulassungsquorum von fünf Prozent bei einer Frist von sechs Monaten. Die Zustimmungsquote sei gleichfalls unakzeptabel: 25 Prozent aller Wahlberechtigten müßten zustimmen, beinahe soviele Stimmen, wie die SPD bei der vergangenen Bürgerschaftswahl erhielt.

Sollten diese Pläne wie geplant Anfang 1996 durchgehen, „würde noch mehr Politikverdrossenheit entstehen“, prophezeit Effler. Um das zu verhindern, will das FoBü verstärkt mit Workshops und Diskussionsveranstaltungen auf seine Ziele aufmerksam machen. Der neue Justizsenator, Wolfgang Hoffmann-Riem, hat schon reagiert. Einen offenen Brief beantwortete er mit einem Gesprächsangebot.

Clemens Gerlach