Sanssousi
: Vorschlag

■ Deutschland ausgepackt: Kabarettist Sedat Pamuk im Ratibor

Sedat Pamuk Foto: Veranstalter

Schlechte Laune? Unzufrieden? Impotent? Da gibt's nur eins: Die Mehrzweck-Sündenbock-Puppe des türkischen Kabarettisten Sedat Pamuk! Das kleine Ding mit dem dicken Strick um den Hals saugt Haß und Unzufriedenheit auf – und ist überhaupt bestens geeignet für Projektionen aller Art. Sie wollten schon immer mal einen Albaner verprügeln? Kein Problem: Hauen Sie doch einfach Ihre kleine, wehrlose Puppe!

Nein, lustig ist es nicht, was Sedat Pamuk da unter dem Titel „Gastarbeitslos“ im Ratibor Theater präsentiert. Eher nachdenklich, leise, melancholisch. Pamuk erzählt kurze, alltägliche Geschichten aus einem seltsamen Land, das Deutschland heißt – und er erzählt sie mit dem Blick des Immer-Noch-Fremden, des Ausländers. „Deutsch verpackt, orientalisch gewürzt", sagt er selbst. Und da sich Pamuk seit 1980 in Deutschland befindet, macht er nun bereits seit 15 Jahren Erfahrungen: mit Behörden und mit Nachbarn, mit Lehrern und mit Sozialarbeitern. „Am Anfang dachte ich wirklich, in Deutschland gibt es nur Sozial- und Gastarbeiter.“ Ihn fasziniert das Mysterium deutscher Kindergeburtstage wie die komische Redeweise der Deutschen, wenn sie mit einem Ausländer sprechen. „Du brauchen Hilfe? Woher du kommen?“ Gastarbeiterdeutsch sei das, sagt Pamuk.

Requisiten braucht er kaum. Ein Tisch, ein Stuhl, ein Handy, Strohhut, Stirnband, das genügt. Denn Pamuks größtes Kapital sind seine sanfte Stimme und die stets ein wenig verwundert blickenden Augen, vor denen sich das Bild eines scheinbar normalen deutschen Alltags in ein absurdes Zerrbild verwandelt hat: „Meine Nachbarn sind so nett! Nach jedem Brandanschlag machen sie ihre Späße mit mir!“ Seinen Nachnamen nimmt der Kabarettist wörtlich, „Pamuk" heißt auf deutsch „Wattebausch". Genau so sieht er seine Aufgabe: als Reinigungspad. Sedat Pamuk will das deutsche Make-up entfernen, die unreine Haut darunter zeigen. Und das Publikum schwitzt an diesem knapp zweistündigen Abend Gewohnheiten und Vorurteile, Überheblichkeit und Ignoranz aus allen Poren. Margot Weber

„Gastarbeitslos", bis 19. 11., Do–So, 20 Uhr, Ratibor Theater, Cuvrystraße 20