Beteiligung ja, aber keine Abschiebung ins Reservat

■ Italiens radikale Feministinnen wollen, daß Frauen die Politik selbst erobern

Ein Schritt voran, ein Schritt zurück, und alles wieder von vorne. So präsentiert sich Italiens Frauenquotierung heute. Auf dem Gebiet des Arbeitsrechts gibt es in Italien keine Normen, die einen besonderen Schutz für Frauen bieten. Doch es gibt ein Gesetz über „Chancengleichheit“, das jenen Unternehmen wirtschaftliche Vorteile verheißt, die „positive Maßnahmen“ für weibliche Arbeitskräfte ergreifen und Mitarbeiterinnen nach Kräften fördern.

Über dieses Gesetz gab es eine gewisse öffentliche Debatte, aber sie war nicht sonderlich bewegt: Das Arbeitsrecht wurde stets als ein Sonderfall angesehen, in dem ab und an mal ein gewisses Maß an Schutzmaßnahmen notwendig ist. Auch über das Verbot von Nachtarbeit für Frauen, das der Europäische Gerichtshof als Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes betrachtet, gab es in Italien keine allzu großen Auseinandersetzungen. Sogar die radikaleren unter den Feministinnen hatten dieses Verbot unter dem Aspekt der Verschiedenheit von Geist und Körper der Frau akzeptiert.

Und die Wirklichkeit, sie bleibt, wie sie ist

Schärfere Auseinandersetzungen über die Frauenquoten gibt es auf dem Gebiet der politischen Partizipation. Seit Beginn der achtziger Jahre haben Frauen, speziell im Umfeld der Kommunisten, den Kampf um verbindliche Quoten bei Wahlen zum nationalen Parlament wie bei den Kommunalwahlen geführt.

Eine Vorstellung, die seit jeher stark von jenen Feministinnen kritisiert wurde, die von der Geschlechterdifferenz ausgehen. Aber auch von unabhängigen Intellektuellen wie etwa Rossana Rossanda, die es für Unfug halten, Frauen wie eine aussterbende Spezies zu behandeln, die man in Reservaten schützen muß. Sie wollen, daß sich die Frauen selbst „fördern“, indem sie die politische Szene erobern.

1993 hat das Parlament im Zuge der Wahlrechtsreform eine Quotenregelung eingeführt. Danach darf bei Kommunalwahlen der Anteil der Gewählten eines Geschlechts zwei Drittel der Gesamtzahl nicht übersteigen. Hinsichtlich der Wahlen zum nationalen Parlament und zu den Regionalvertretungen (vergleichbar den deutschen Länderparlamenten) hat sich der Gesetzgeber jedoch darauf beschränkt, vorzuschreiben, daß innerhalb der Verhältniswahllisten (beim nationalen Parlament werden damit 25 Prozent der Abgeordneten bestimmt, bei Regionalwahlen 80) abwechselnd Männer und Frauen aufgeführt sein müssen – etwa so, wie man das bei feinen Banketts macht. Damit soll dem Bürger formell eine „gemischte Liste“ präsentiert werden, aus der er auswählen kann.

Dagegen ist nun aber der italienische Verfassungsgerichtshof eingeschritten. Im Juli 1995 hat er beide Vorschriften des Wahlgesetzes als Verstoß gegen das Gleichheitsprinzip gewertet und damit aufgehoben; so, wie es keine Diskriminierung der Geschlechter in Hinblick auf die „Wählbarkeit“ geben darf, hat der Gerichtshof erklärt, so darf es auch keine Unterscheidung in der „Kandidierbarkeit“ geben.

Die öffentliche Diskussion, bei der schwer festzustellen ist, wer die besseren Argumente hat, läuft seither weiter – und die Wirklichkeit bleibt, wie sie ist: Im italienischen Parlament liegt der Frauenanteil noch immer nur bei 13 Prozent. Alessandra Barberis, Rom