Georgiens Staatschef bleibt im Amt

■ Eduard Schewardnadse gewinnt Präsidentschaftswahlen mit klarer Mehrheit bereits im ersten Wahlgang

Moskau (taz) – Bei den Präsidentschaftswahlen in der Kaukasusrepublik Georgien hat Altpräsident Eduard Schewardnadse wie erwartet eine klare Mehrheit erlangt. Nach Auszählung in den Regionen sprachen 70 Prozent der Wähler dem ehemaligen sowjetischen Außenminister ihr Vertrauen aus. Demnach ist ein zweiter Wahlgang nicht mehr erforderlich. Der einzige ernstzunehmende Konkurrent, der Vorsitzende der Kommunistischen Partei, Schumber Patiaschwili, landete weit abgeschlagen auf Platz zwei. Er behauptete, vereinzelt hätten seine Anhänger in ländlichen Gebieten Unregelmäßigkeiten beim Wahlverlauf registriert. Internationale Wahlbeobachter wollen das nicht bestätigen.

„Ich glaube, dieses Vertrauensreferendum ist gewonnen worden“, meinte ein sichtlich zufriedener Schewadnadse. „Eine große Mehrheit der Bevölkerung hat mein Konzept, das Land zu retten, angenommen.“ Als Zeichen wiedergewonnener Sicherheit reiste der Präsident zu den Trauerfeierlichkeiten Jitzhak Rabins nach Israel. Im Oktober hatte Schewardnadse aus Sicherheitsgründen eine Reise in die USA abgesagt.

Die Wahlbeteiligung mit 62 Prozent der insgesamt 3,2 Millionen Wahlberechtigten übertraf alle Erwartungen. Bis in den Abend bildeten sich lange Schlangen vor den Wahlbüros. Selbst die georgische Diaspora in Moskau trieb es zu den Urnen, so daß die Botschaft Schwierigkeiten hatte, den Andrang zu bewältigen. Nach vier Jahren Bürgerkrieg und Chaos entschieden sich die Wähler offensichtlich für ein Mindestmaß an Kontinuität. In der abtrünnigen Schwarzmeerrepublik Abchasien fanden keine Wahlen statt. Auch in dem ehemaligen autonomen Gebiet Südossetien, das von Georgien erneut weitgehend Autonomie verlangt, wurden die Wahlen ignoriert. Zur Zeit wird Südossetien nicht von Tifli aus verwaltet. Fünf Prozent der Wahlberechtgigen leben in beiden Regionen.

Zeitgleich mit den Präsidentschaftswahlen wurde auch die Zusammensetzung des georgischen Parlaments neu bestimmt. Genauere Angaben lagen noch nicht vor. Schewardnadses Wahlblock, die „Bürgerunion“, soll auch dabei gut abgeschnitten haben. Allerdings dürfte der Zuspruch nicht so eindeutig ausfallen. Eine absolute Mehrheit kann die Präsidentenpartei aller Voraussicht nach nicht erzielen. Klaus-Helge Donath