Legitimität und Frieden

■ Wird die politische Rechte Peres' Politik stützen?

Der Mord an Jitzhak Rabin hat der jüdischen Bevölkerung Israels die Legitimitätsfrage gestellt. Sie ist prompt beantwortet worden. Das bedingungslose Versprechen von Likud-Chef Netanjahu, keine Neuwahlen anzustreben und die von der Arbeitspartei geführte Regierung zu stützen, stellt Demokratie und Rechtsstaat über ethnisches Selbstverständnis. Rabins und Peres' Verträge mit der PLO konnten nur mit den Stimmen arabischer Abgeordneter ratifiziert werden. Indem der rechte, zum Teil sehr nationalistische Likud diese hauchdünne politische Mehrheit gleichwohl anerkennt, beglaubigt er den Vorrang der Gleichheit aller – auch der nichtjüdischen – Bürger Israels. Damit ist die nationale Rechte in die Mitte gerückt und hat grundsätzlich Verantwortung für den von ihr bisher abgelehnten Friedensprozeß übernommen.

Jetzt kann sich ihre Führung zurücklehnen und zusehen. Gelingt es dem künftigen Kabinett Peres, den Augenblick der Erschütterung zu nutzen, den verabredeten Rückzug aus den Gebieten zu vollenden, im Westjordanland wie geplant die Wahlen stattfinden zu lassen und darüber hinaus in Verhandlungen mit Syrien zu treten, so wird die gemäßigte Rechte all das unter Hinweis auf die Gültigkeit geschlossener Verträge hinnehmen. Alles jedoch, was Peres in den nächsten Monaten nicht gelingt, wird der Likud, dem etwa die Hälfte der Wählerschaft zuneigt, im Wahlkampf aufgreifen, um die gesamte Friedenspolitik des Scheiterns zu überführen.

Ob es Peres, dem ohnehin der Ruf allzu großer Nachgiebigkeit gegenüber der PLO anhängt, schaffen wird, die wesentlichen Punkte der Friedensabkommen auch nur zur relativen Zufriedenheit der jüdischen Bevölkerung Israels in kurzer Zeit zu vollenden, hängt nun vor allem vom verstärkten Engagement Bill Clintons ab. In den USA mit ihrer aktiven jüdischen Minderheit wird der Nahe Osten Bosnien bald an Bedeutung im Wahlkampf übertreffen, zumal Dole und andere republikanische Kandidaten eher dem Likud zuneigen.

Kann der gemäßigten Rechten an einem Erfolg von Schimon Peres wirklich gelegen sein? Kaum. Denn sollte der Likud nach erfolgreicher Umsetzung aller Verträge trotzdem an die Macht kommen, müßte er früher oder später die Rückführung der Siedler betreiben, was seine Spaltung und seinen Untergang zur Folge hätte. Die Legitimitätsfrage ist zwar beantwortet, gleichwohl bleibt die israelische Rechte auch in ihrer bürgerlichen Gestalt ein Sicherheitsrisiko. Micha Brumlik