Letzte Zuckungen der coop

■ Kafu-Geschäftsführer der Steuerhinterziehung und Bilanzfälschung angeklagt

Der Prozeß um den gewerkschaftseigenen coop-Konzern hat alle Rekorde der deutschen Wirtschaftsstrafverfahren geschlagen: Vorstandsvorsitzender Bernd Otto nebst den drei Vorstandskollegen Dieter Hoffmann, Michael Werner und Werner Casper standen vor Gericht, neben ihnen der Ex-Auf-sichtsratsvorsitzende Alfons Lappas und drei weitere hochrangige Manager. Ein ganzer Troß von Anwälten hat sie an den über 100 Prozeßtagen verteidigt, mit Staatsanwälten gekungelt und um Anklagepunkte gefeilscht. Das Gericht warf den Vorständlern Bilanzfälschung, Dividenden- und Prospektbetrug vor, verurteilte sie zu mehrjährigen Freiheitsstrafen. Rund 20 Millionen Mark verschwanden bei den krummen Geschäften der coop-Manager, der Konzern wurde aufgelöst, 30.000 Arbeitsplätze gingen verloren.

Knapp zwei Jahre nach dem coop-Prozeß beschäftigt sich seit gestern die Strafkammer mit den Machenschaften des Konzerns in Bremen. Wolfgang K. war von 1985 bis Dezember 1988 Geschäftsführer der Kafu-Wasmund GmbH in Bremen. Zuvor hatte der ehemalige Maschinenbau-Ingenieur aus Gelsenkirchen für die Hussel Holding (heute Douglas) in Bremen gearbeitet. Der strebsame K. hatte sich bereits in den Siebzigern innerhalb eines Jahres zum Betriebswirt weitergebildet und arbeitete für Hussel im „wirtschaftlich-technischen Bereich“.

Mitte der achtziger Jahre lernte K. den coop-Vorstand Michael Werner kennen, für K. noch heute „Dr. Werner“. Für ihn löste K. „kartellrechtliche Schwierigkeiten mit der Oppenheim Bank“. Werner war angetan von K. und setzte ihn in den Sessel des Geschäftsführers der coop-eigenen Kafu-Wasmund GmbH.

„Meine Zielsetzung war es, unter bestimmten Vorgaben der coop, ein profitables Unternehmen aus Kafu-Wasmund zu machen“, sagte K. gestern. Die coop AG und der ebenfalls undurchsichtige Schweizer Bankverein kontollierten K. „Konsolidieren oder expandieren – uns wurde gesagt, wie die Politik des Unternehmens gerade ist“, sagte K. „Dr. Werner“ sei sein direkter Ansprechpartner im Vorstand gewesen.

Der stellte sich den Gewinn ganz konkret vor. Bereits die Bilanz 1986 brachte K. in die Bredouille. „Das Ergebnis entsprach nicht den Vorgaben des Dr. Werner“, sagte K. Er wurde erfindungsreich: K. suchte nach „aktivierbaren Posten“ und eilte zu der über die coop verschwesterten H+F Handelsgesellschaft. 1987 lieh sie K. drei Millionen Mark mittels einer fingierten Rechnung. Die enthielt zwar die Umsatzsteuer, K. führte jedoch die Vorsteuer nicht an den Fiskus ab.

K. war sich damals keiner Schuld bewußt. Aus „kaufmännischer Sicht“, wie es Richter Scotland für den Angeklagten formuliert, war alles in Ordnung. „Ich habe nie darüber nachgedacht, daß es eine Vorsteuerproblematik gibt“, sagte K. Ein Jahr später sprach für ihn daher nichts dagegen, denselben Deal zu wiederholen: Das coop-Imperium bröckelte zu dem Zeitpunkt bereits, der Vorstand hatte den Konzern zuvor mehrfach umgeformt. Kafu-Wasmund in Bremen brauchte für die Bilanz 1987 sechs Millionen Mark, um Dr. Werner zufriedenzustellen.

K. muß sich nach diesen Transaktionen nun wegen Steuerhinterziehung und Bilanzfälschung verantworten. Die hohen Erwartungen des mächtigen Vorstandes Michael Werner mögen die kriminelle Handlung des coop-Statthalters in Bremen erklären. Gereizt haben mögen K. jedoch auch die 400.000 Mark Vergütung jedes Jahr. Die sei ihm unabhängig vom Gewinn oder Verlust der Kafu-Wasmund GmbH gezahlt worden, um sein Jahresgehalt von 240.000 Mark auszugleichen: Innerhalb des coop-Konzerns hätte er in gleicher Position mehr verdient.

ufo