■ Cash & Crash
: Clinton kann nicht mehr zahlen

Washington/Berlin (wps/rtr/ taz) – Die US-Regierung manövriert am Limit für ihre Kreditaufnahme, aber der Kongreß weigert sich, höhere Schulden zuzulassen. Erst kurz vor der Zahlungsunfähigkeit lenkt das Parlament ein. So geschehen 1984, als mit Reagan ein republikanischer Präsident einem demokratisch beherrschten Kongreß gegenüberstand. Rache ist süß: Jetzt ist die Machtverteilung umgekehrt, aber die Situation ist dieselbe. Damals wie heute geht ein Zittern durch die Finanzmärkte.

Präsident Clinton hat dringlich vom Kongreß die Erhöhung des derzeitigen Schuldenlimits von 4,9 Billionen Dollar (6,9 Billionen Mark) gefordert – bislang ohne Erfolg. Am Montag mußte das US-Schatzamt daher bekanntgeben, daß der für gestern und heute geplante Verkauf neuer Staatsanleihen in Höhe von 31,5 Milliarden Dollar storniert wird. Bedrohlich ist die Situation, weil dem Staat spätestens am 15.November das Geld ausgehen wird. Dann nämlich werden die Zinszahlungen für früher ausgegebene Staatsanleihen fällig, insgesamt 24,8 Milliarden Dollar.

Während die meisten Akteure auf den Finanzmärkten gerade nervös die Luft anhalten, finden einige Finanzgurus die mögliche Zahlungsunfähigkeit der Regierung ganz unproblematisch. So reiste Stanley Druckenmiller, ein Fonds-Manager aus dem Reich des berüchtigten Spekulanten George Soros, von der Wall Street zum Washingtoner Kapitol, um die Abgeordneten auf eine harte Linie einzuschwören. Sein Argument: Wenn der US- Haushalt tatsächlich bis zum Jahr 2002 ausgeglichen und die Verschuldung heruntergefahren wird, dann würde das längerfristig den Finanzmärkten ungeheures Vertrauen einflößen und zu niedrigeren Zinsen führen. Gegenüber diesen Vorteilen sei eine kurzfristige Zahlungsunfähigkeit der Regierung gänzlich unbedeutend; die Anleger würden das schnell verzeihen.

Andere Anleger sind der gegenteiligen Auffassung. So würde bei einer Zahlungsunfähigkeit „das Interesse der Ausländer am Kauf weiterer Wertpapiere des US-Schatzamtes zurückgehen“, vermutet ein New Yorker Wertpapierhändler. Dann müßten immer höhere Zinsen geboten werden, um überhaupt noch ausländische Investoren zu gewinnen. Schon jetzt geben die Spekulanten einen Vorgeschmack auf künftige Ereignisse: Die Kurse der Staatspapiere fallen, und mangels Anlegerinteresse verlor der US-Dollar am Montag in New York gegenüber den meisten Währungen deutlich an Wert. lieb