„Braunkohlen-Connection“ läuft heiß

■ Schwarz-rote Empörung über Garzweiler-Buch. Grüne Ministerin knickt ein

Düsseldorf (taz) – CDU-Oppositionschef Helmut Linssen schien ehrlich empört. Weil die grüne Umweltministerin Bärbel Höhn für das von Johannes Nitschmann geschriebene Buch „Garzweiler“ (Emons-Verlag, Köln) das Vorwort beisteuerte, forderte Linssen Ministerpräsident Johannes Rau auf, „endlich für Ordnung im rot- grünen Koalitionsladen“ zu sorgen. Mit ihrem Vorwort habe die Ministerin „den Beweis erbracht, daß sie schlichtweg nicht ministrabel“ sei.

Empörung herrschte in der vergangenen Woche auch in der SPD- Fraktion. Zwei Stunden lang debattierten die Genossen über die „ungeheuerliche Botschaft“, so ein Teilnehmer, des Nitschmann-Reports. Vor allem die Passagen über die „Braunkohlen-Connection“ erregten die Gemüter. Darin schildert der Autor die persönlichen Beziehungen, die seit Jahren zwischen der Garzweiler-Betreibergesellschaft Rheinbraun, einer Tochter des RWE-Konzerns, und diversen Politikern aus den Reihen von CDU und SPD bestehen.

Der Landesverband des nordrhein-westfälischen Naturschutzbundes (Nabu) verlieh dem Autor erst kürzlich den „Medienpreis“, weil er am Beispiel Garzweiler „die Verflechtungen zwischen Politik und Industrie deutlich und couragiert“ aufgezeigt habe. Linssen gratulierte daraufhin per Brief Autor Nitschmann „sehr herzlich“. Öffentlich aber macht die CDU weiter Stimmung gegen das Buch. Heute will sie die Landesregierung mit einer dringlichen Anfrage im Landtag vorführen. Am Freitag stellt die CDU dann einen „Mißbilligungsantrag“ gegen Höhn wegen des von ihr geschriebenen Vorworts.

Höhn ist längst eingeknickt, wohl auf Druck der SPD-Führung, die während der Kabinettssitzung in der vergangenen Woche eine Entschuldigung von der grünen Umweltministerin verlangte. Die Situation sei „ganz ernst“, befand die SPD-Führungsriege, weil viele SPD-Abgeordnete gedroht hätten, mit der CDU gemeinsam für die „Mißbilligung“ der Ministerin zu stimmen. In einem Brief an Johannes Rau kam die grüne Ministerin dieser Forderung dann – juristisch gewunden – nach. „Soweit einzelne Formulierungen und Texte des Buches, die ich bei Abfassung meines Vorwortes nicht kannte und die ich auch nicht zensieren möchte, verletzende Angriffe auf einzelne Politiker erhalten, möchte ich folgendes sagen: Mit meinem Vorwort habe ich mir diese Äußerungen nicht zu eigen gemacht. Beleidigungen und Verletzungen sind meine Sache nicht.“

In der Sache selbst gibt es für diese ängstliche Reaktion keinen Anlaß. Im Gegenteil, alle Filz- Vorwürfe sind im Detail belegt und waren in früheren Nitschmann-Veröffentlichungen allesamt enthalten. Dagegen gab es nicht eine Gegendarstellung, geschweige denn eine presserechtliche Klage. Die intensive Pflege der politischen Landschaft – rund 80 politische Mandatsträger stehen allein auf der Gehaltsliste von Rheinbraun – gehört seit jeher zum Prinzip des RWE-Konzerns. Über sogenannte Beiräte schüttet der Konzern zum Beispiel jährlich fünfstellige Beträge an Politiker und Spitzenbeamte aus – für zwei Sitzungen im Jahr. Als „legalisierte Form der Korruption“ hat selbst der frühere SPD-Fraktionschef Friedhelm Farthmann diesen Filz gegeißelt. Fragt sich nur, warum Höhn so schnell kuschte. Walter Jakobs