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Cello-Esser und ewige Jugend

■ Zum 20. Mal findet das Jazzfestival in der Fabrik statt – eine Übersicht

Es läßt sich vermuten, daß die Veranstalter des Jazzfestivals in der Fabrik sich diesmal auch ein wenig selber feiern lassen werden, schließlich haben sie das Ereignis heuer ins 20. Jahr gebracht. Das Geburtstagsständchen dafür wird wohl am Sonntag von einem treuen Gast des Jazztreffens angestimmt: Willem Breuker und sein Kollektief, Garanten für ungehaltene Begeisterung, werden sicherlich die eine oder andere musikalische Geschenküberraschung aus den Hörnern ziehen. Unterstützung erhalten die holländischen Jazz-Unterhalter von der kristallklaren Stimmakrobatik Greetje Bijmas.

Und wo wir schon beim Ende sind, sei gleich anfangs der Star des Jubiläums-Showdowns erwähnt: Cecil Taylor, Pianist und Klangforscher, wird mit seinem Quintett die ewige Jugendlichkeit radikaler Konzepte zelebrieren. Einer sollte dabei genauer beobachtet werden: der Cellist Tristan Honsinger, denn „ich sag's euch, er wird sein Cello auffressen“ (Michael Naura auf der Pressekonferenz).

Eröffnet wird das Jazzfestival heute Abend mit einer ganz unjazzigen Sensation. Mari Boine, Sängerin aus Lappland, präsentiert ihre Folklore-Pop-Mischung, mit der die Einsamkeit des Nordens und das leidvolle Leben der Samen durch traditionelle Joiken-Gesänge erweckt wird.

Gewisse Rituale hat auch der Mann aus Chicago im Sinn, der anschließend die Bühne betritt. Lester Bowie und sein Art Ensemble of Chicago haben diesmal fünf Schlagzeuger aus Kongo, Mali, Senegal und den Staaten eingeladen, um nach den gemeinsamen musikalischen Wurzeln in der Wiege der Menschheit zu graben.

Die Absicht der Veranstalter, ein Programm zwischen Tradition und Moderne zu gestalten, spiegelt sich bei der Zusammensetzung des zweiten Festivalabends am Freitag wider. Geballte Tradition kommt auf die Bühne in Gestalt des 87jährigen Geigers Stephane Greppelli. Die Leichtigkeit und Eleganz seines Spiels hat der ehemalige Weggefährte von Django Reinhardt bis heute wie kostbare Schätze gehütet. Den Übergang zur Moderne beschreibt anschließend der französische Akkordeonist Richard Galliano mit seinem Trio und dem russischen Pianisten Simon Nabatov solo. Die Moderne erreicht ist dann mit drei Hamburger Musikern. Das Trio Color spaziert mit vielen Vorschuß-Lorbeeren und bei Festivals gewonnenen Preisen im Gepäck nach Altona.

Zum allgemeinen Spaß und aus finanziellen Gründen gibt es bei vielen Festivals inzwischen einen brasilianischen Schwerpunkt. Mit ihrer Brazilian Night am Samstag hoffen auch die Jazzfestival-Macher, durch die hiesige Gemeinde und die norddeutsche Begeisterung für südamerikanische Rhythmen einen Teil des Lochs zu stopfen, das bleiben könnte, nachdem die Anteile von Kulturbehörde und NDR am 200.000 Mark-Etat erschöpft sind. Joao Bosco mit Swing und Rock und die Sängerin Baby Consuelo – eine bundesweite Premiere – mit traditioneller Melodie, sowie die in Paris lebenden Tupi Nago werden hunderte Liter Schweißwasser erzeugen.

Die 23jährige Rosie Ledet schließlich soll mit ihrem wilden Zydeco-Drive das Sonntagvormittagsprogramm bestreiten – wo dies doch Musik zum endlos Feiern in der Nacht ist. Aber sicher werden auch Mama, Papa und die Bälger Spaß an der ekstatischen Tanzmeierei haben.

Niko Theodorakopulos

heute bis Sonntag, 21 Uhr, Rosie Ledet: So, Fabrik 11.30 Uhr

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