Hamburger Kino-Tips

Nicht nur Rainer Werner Faßbinder hat sich an Alfred Döblins Berlin Alexanderplatz versucht. Deutlich kürzer und in Schwarz-Weiß hat Piel Jutzi 1931 den Berlin-Roman mit Heinrich George und dem damaligen Jung-Mimen Bernhard Minetti in Szene gesetzt. Auch hier gelingt es Franz Bieberkopf nicht, nachdem er aus der Haft entlassen wurde, auf den Pfad der Tugend einzuschwenken. Stattdessen gerät er immer wieder in den Bannkreis von Bandenchef Reinhold. So, 12. November, Zeise, 11 Uhr Matinee

Das Fama setzt seine William Castle-Retrospektive fort. Als das Kino in den 50er Jahren durch das Aufkommen des Fernsehens unter Druck geriet, versuchte Castle, die Grenzen des Mediums zu erweitern und strebte nach dem Vorbild der „feelies“ aus Aldous Huxley's Brave New World ein Vollkörper-Kino an. So ließ er etwa bei The Tingler Motoren unter den Sitzen in dem Moment vibrieren, in dem der Tingler auf der Leinwand auftrat oder aber Skelette durch den Kinosaal schweben. Von den in dieser Woche gezeigten Streifen des Gimmick-Meisters darf man vor allem auf Strait-Jacket gespannt sein, in dem Joan Crawford eine bemitleidenswerte Monstress darstellt und so ihr Image gnadenlos konterkariert. Termine sind dem Kino-Programm zu entnehmen

Parallel zur Ausstellung Magum Cinema zeigt das Alabama eine Reihe der Filme, die von der Fotoagentur Magnum auf dem Dreh begleitet wurden (siehe Querschnitt Seite 1). Begonnen wird mit Misfits – Nicht gesellschaftsfähig, einem legendären Desaster der Filmgeschichte. Marilyn Monroe versuchte mit Misfits vergeblich von ihrem Image wegzukommen und ließ ihren damaligen Mann, den Dramatiker Arthur Miller, das Drehbuch schreiben. Ein Akt, der gleichzeitig noch die Ehe retten sollte. Doch die Dreharbeiten in der Wüste unter der Leitung von John Huston gerieten wegen Kompetenzstreitigkeiten zu einer Tortur. Herausgekommen sind dennoch einige befremdlich morbide Szenen. Danach gibt es noch Nachtblende zu sehen, eine deutsch-französisch-italienische Co-Produktion (so etwas hat man in den 70ern noch gemacht). Schöner und trauriger als in diesem Film von Andrzej Zulawski war Romy Schneider wohl nie. Sie spielt eine Porno-Darstellerin, die in das ernste Fach wechseln will. Dabei gerät sei allerdings an einen völlig neurotischen Klaus Kinski, der den Richard III. gibt und die Kritiker nach der mißlungenen Premiere verdrischt. Außerdem taucht in dem betörenden, von unmöglichen Einstellungen geprägten Sittendrama noch ein Photograf auf, der sein Geld damit verdient, die Bourgeoisie bei verbotenen Liebesspielen zu fotografieren. Termine sind dem Kinoprogramm zu entnehmen

Daß der 501minütige Streifen Taiga von Ulrike Ottinger in zwei Häppchen dargereicht wird, ist ein Akt der Menschlichkeit. In dem dokumentarischen Mammut-Projekt verfolgt Ottinger Yak-Nomaden in der nördlichen Mongolei. Einfühlsam fängt Ottinger darin den Alltag sowie religiöse Riten des Nomadenvolks ein und trifft auf animistische Opferstätten, heilige Bäume und Schamanen am Ende des 20. Jahrhunderts. 9. bis 12. November, Metropolis, jeweils 16.30 Uhr

Aufrecht gehen könnte das Lebensmotto von Rudi Dutschke gewesen sein. Hier ist es der Titel eines Dokumentarfilms über „einen der von Ost nach West ging und die Revolution wollte“, wie es im Waschzettel heißt. Helga Reidermeister zeichnet auf 16mm die filmische Biographie Dutschkes nach, indem sie Gespräche mit Weggefährten des Revoluzzers versammelt – wie das Streitgespräch zwischen Helmut Gollwitzer und Karola Bloch über Gewalt sowie Selbsteinschätzungen von anti-autoritär erzogenen Jugendlichen aus den APO-Kinderläden. Darüber sollen in Aufrecht gehen die Spuren und Nachwirkungen des APO-Gedankenguts bis in die heutige Gesellschaft transparent werden. 11. und 12. November, B-Movie, jeweils 20.30 Uhr vom