Die schwimmende Schänke

■ Mit frischen Ideen soll das verlotterte Weserufer am Hohentorshafen wiederbelebt werden/ Beck's baut neues „Gästehaus“

Pusdorf liegt am Meer. Es weiß bloß niemand, weil es niemand merkt. Wie auch: Zwischen Pusdorf und dem Wasser liegt ein dicker Riegel. Baustoffe, Holz und Isolierwatte türmen sich dort auf – kurz: ein Gewerbegebiet. Kaum Anreiz für einen Pusdorfer und noch weniger für einen eventuelle Bremen-Touristen, hier zu flanieren, die Seeluft zu genießen und die Schiffe vorbeiziehen zu sehen. Seit auch noch das Schulschiff „Deutschland“ seinen Stammplatz am Hohentorshafen aufgab, ist die letzte Attraktion des verlotterten Uferabschnitts verschwunden. Das soll sich ändern: Die Planungswerkstatt der Hochschule arbeitet gemeinsam mit dem Pusdorfer Beirat an einem ausgreifenden Konzept, mit dem der Hafenabschnitt attraktiver werden soll – für Pusdorf und den Rest der Welt.

Eine ganze „Perlenkette“ von „maritimen Ereignissen“ könnte sich demnach künftig am südlichen Weserufer entlangziehen. Nichts künstlich inszeniertes, sondern wiedererweckte Reste von Hafenleben – so schlagen es Boris Dontscheff und Sebastian Wiswedel von der alternativen Planungswerkstatt vor. Beispiel Beck's: Wo derzeit die abweisenden Stahlblech-Fassaden prangen, könnte alles viel einladender werden. Zwischen den Dalben, an denen die Malzschiffe andocken, müßten bloß ein paar ausrangierte Pontons – aus Bundeswehr-Beständen? – eingesetzt werden. Mit Bierausschank, natürlich – fertig wäre die schwimmende Freiluft-Schänke an der Weser. Und warum nicht aus dem Pferdestall von Haacke-Beck, ein Stückchen weiter flußabwärts gelegen, eine „richtige Station für die Touristen machen“?

Beispiel Seemannsschule: Die will, mangels Schulschiff, aus dem 50er-Jahre-Bau heraus; die Betreiber eines „Industriemuseums“ sind bereits beim Ortsamt als Nachmieter vorstellig geworden. Auch der verwaiste „Deutschland“-Anleger selbst müßte wiederbelebt werden. Ortsamtsleiter Peter Fischer sieht schon wahrhaftige „Großsegler“ vor Augen, „die vom Hafen aus Kurztouren an die Nordsee machen“. Ja: „Das wird ein dauerndes Kommen und Gehen, da muß Bewegung sein, bloß kein Museumsschiff!“

Letztes Beispiel, der Yachthafen: Ein paar versprengte Bootchen machen ab und zu auf dieser Weserseite fest – Fischer will „eine richtige Marina“ herrichten. „Für Touristen, die mit dem Boot nach Bremen kommen, ist es doch ein unzureichendes Angebot, ihnen einen Anleger in Hasenbüren ohne ÖPNV-Anschluß anzubieten – die kommen doch nie in die City.“

In Pusdorf hingegen verfüge man „über ein Hafenareal in absoluter City-Nähe“. Hoffnung, diese jahrzehntelang vernachlässigte Ecke wieder aufmöbeln zu können, gibt es erst seit dem Frühjahr. Da fiel der Senatsbeschluß, den Hohentorshafen aus der Verantwortung des Häfensenators herauszunehmen. Fischers Rechnung: Jetzt könnte der Beirat vielleicht den besser betuchten Wirtschaftssenator für die Sache gewinnen. Jahrelang sei die Ampel-Regierung mit ihren Visionen von „Wohnen am Strom“ nicht vom Fleck gekommen. Nicht zuletzt wegen der Kompetenz-Rangeleien zwischen dem grünen Umweltressort und dem roten Häfensenator. Jetzt gehe das Stadtteil-Parlament selbst in die Offensive: „Der Beirat hat die Faxen dicke, daß er immer hinterherlaufen muß.“ Statt auf weitere Vorgaben, auf teure Gutachten und Hochglanzbroschüren zu warten, erteilte der Beirat der benachbarten Hochschule selbst einen Planungsauftrag. Die Ergebnisse werden rege diskutiert; am 20.11. ist das Volk zur Beiratssitzung geladen.

Einen mächtigen Verbündeten aber haben Fischer & Co. bereits. Beck's will aus eigenem Interesse sein wenig anziehendes Uferstück herrichten. In sechs Wochen beginnen die Bauarbeiten für ein neues Gästehaus nahe dem „Pferdestall“. Hier sollen künftig „Spontantouristen“ auflaufen und zu einer zwei- bis dreistündigen Tour durch Hopfen und Malz starten. Bislang mußten sich Gäste voranmelden; jetzt rüste man sich, ganz nach dem Vorbild der Kollegen von „Guiness“ und „Tuborg“, „auf 60.000 Besucher im Jahr“, sagt Pressesprecher Peter Führing. Beck's will dafür „ein gut siebenstellige Summe“ investieren.

Da wollen auch die Pusdorfer nicht auf Zusagen des Senats warten. „Wenn die ersten Sonnenstrahlen kommen“, wird schon mal angefangen. Ganz einfach, ganz billig, mit einem Container am alten Museumspark im Stephaniviertel. Der soll als Kiosk dienen, als „provisorisches Café“ – ganz ähnlich, wie das „Café Sand“ vor Jahren begann, eine Seemeile stromaufwärts. Der Unterschied: „Hier können Sie den Sonnenuntergang erleben.“ tw