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: Millionen für Lottozahlen?

TF 1, Frankreichs größter privater Fernsehsender, stellt neue Rekorde auf: Nach Jahren an der Spitze der Einschaltquoten, wurde in dieser Woche sein Präsident, Patrick Le Lay, wegen Korruptionsverdacht zwei Tage in Polizeigewahrsam genommen. Gleichzeitig versuchte der bereits vor Monaten wegen Bestechlichkeit verurteilte prominenteste Moderator des Senders, Patrick Poivre d'Avor, in einem Revisionsverfahren seine Unschuld zu beweisen.

TF-1-Präsident Le Lay soll 1990 zehn Millionen Francs Schmiergeld (knapp 3 Millionen Mark) an die Lottogesellschaft „Française des Jeux“ gezahlt haben, um die Exklusivübertragungsrechte für die Ziehung der Lottozahlen zu bekommen. Das Geld soll in mehreren Fuhren an den Empfänger, den inzwischen geschaßten Chef der Lottogesellschaft, Gérard Colé, geflossen sein, berichtet die wichtigste Zeugin der Affäre, eine frühere Stewardeß und Ex-Gefährtin des Lottochefs.

Nach ihren Bekenntnissen waren die Überbringer des Bestechungsgeldes ein (inzwischen leider verstorbener) PR-Mann, ein mittlerweile wegen betrügerischem Bankrott in die USA geflohener Ex-Parlamentarier und der TF-1-Präsident Patrick Le Lay persönlich.

Sowohl der Fernsehsender als auch die Lottogesellschaft bestreiten die Vorwürfe. Den Untersuchungsrichtern in Nanterre allerdings liegen Informationen über unerklärte Geldflüsse in Millionenhöhe von und auf Schweizer Konten vor.

Der Präsident von TF 1 ist seit Mittwoch wieder auf freiem Fuß, doch die Ermittlungen gehen weiter. Dem Sender, der dem französischen Baulöwen „Bouygues“ gehört, geht es unterdessen schlecht. Nach einer rasanten Karriere in den vergangenen Jahren stagnieren seit Monaten die Einschaltquoten des seichten Unterhaltungssenders, vor allem ist sein Publikum der Werbebranche „zu alt“ geworden. Auch eine Progammreform in diesem Herbst half TF 1 bislang nicht aus der Klemme. Seit Bekanntwerden der Ermittlungen gegen den Präsidenten sinkt jetzt auch die Börsennotierung von TF 1.Dorothea Hahn, Paris