Serie: Alternativmedizin
: Phytotherapie

■ Wiesen und Wälder als Apotheke

Zu den fünf großen Hauptgebieten der Naturheilkunde gehört die Phytotherapie. Darunter versteht man die Heilbehandlung mit Pflanzen, vom Kamillentee gegen eine Erkältung bis zur Faulbaumrinde gegen Verstopfung.

Nicht nur empirisch wurde jahrhundertelang begründet, warum es die Gesundheit fördern kann, Wurzeln, Früchte, Blüten oder Rinde in gestoßener, zerriebener oder gekochter Form einzunehmen. Auch mit Analogien und mit religiösen und mystischen Erklärungen erklärte man sich die Wirkungen der Pflanzen im menschlichen Körper.

Systematischer forschten später prominente NaturwissenschaftlerInnen wie die heilige Hildegard von Bingen, die im 12. Jahrhundert Anwendungstips veröffentlichte. Vierhundert Jahre später befaßte sich Theophrastus Bombastus von Hohenheim, bekannt als Paracelsus, mit Rezepten und Volksweisheiten. Er kam zu dem euphorischen Schluß: „Alle Wiesen, alle Wälder sind Apotheken.“

Phytotherapie und moderne Apotheken sind indes kein wirklicher Gegensatz. Pflanzliche Wirkstoffe finden sich in vielen Medikamenten. Unterschiedlich ist vor allem die Bewertung. Die NaturheilkundlerInnen betonen die spezifische Kombination der Wirkstoffe, bedingt durch den Stoffwechsel der Pflanze. Werden nur einzelne Wirkstoffe der Pflanze extrahiert und zu einem Medikament verarbeitet, so gehe viel von der natürlichen Heilwirkung verloren. Die Schulmedizin beruft sich hingegen darauf, daß ein vom Menschen gefertigtes Medikament genauer dosiert und in seiner Wirksamkeit beurteilt werden kann.

Baldrian zur Beruhigung, Knoblauch gegen Arteriosklerose, Gingko-Blätter für die Hirndurchblutung – die Liste der in der Literatur empfohlenen Pflanzen ist lang. Fast so vielfältig sind die Methoden, wie sie verabreicht werden. Pulver, Tinkturen, Salben, Aufgüsse und Badezusätze... Allerdings: Allein auf „Natur pur“ zu setzen, ist kaum sinnvoll. Mit Phytotherapie ist etwa gegen Schizophrenie wenig auszurichten.

Natürliche Heilmittel sind nicht zwangsläufig „sanft“. Viele Pflanzen enthalten neben den gewünschten Substanzen auch schädliche Stoffe. Auch bei Naturheilmitteln können Neben- oder Wechselwirkungen den Erfolg vereiteln. Auch auf die richtige Dosierung kommt es an. Sonst können auch Naturheilmittel gefährlich sein. Matthias Fink