PLO-Chef Arafat kondoliert Lea Rabin in ihrer Wohnung in Tel Aviv

■ Isarel begrüßt den ungewöhnlichen Besuch. Ein sechster Verdächtiger ist seit gestern wegen des Attentats in Haft.

Tel Aviv (taz/rtr/dpa) – Israel hat den überraschenden Kondolenzbesuch von PLO-Chef Jassir Arafat bei Lea Rabin als Beweis guter Nachbarschaft begrüßt. Ein Regierungssprecher in Jerusalem erklärte, die Visite unterstreiche das friedliche und normale Verhältnis zwischen Israelis und Palästinensern. Dafür habe Rabin gelebt, und dafür sei er gestorben. Von palästinensischer Seite lagen zunächst keine Reaktionen vor.

Arafat, der auch Vorsitzender der palästinensischen Regierungsbehörde in Gaza ist, war in der Nacht zum Donnerstag mit seinen Mitarbeitern Abu Alaa und Abu Mazen in Lea Rabins Wohnung im vornehmen Norden Tel Avivs eingetroffen, um ihr nach der Ermordung ihres Mannes sein Beileid auszusprechen. Es war der erste Besuch Arafats in Israel. Er fand auf seinen Wunsch hin statt und wurde von Jossi Ginossar, einem ehemaligen stellvertretenden Chef des inneren Geheimdienstes Shabak, organisiert.

Auf Fotos aus der Wohnung der Familie Rabin, die gestern in der israelischen Presse veröffentlicht wurden, ist Arafat erstmalig bei einer offiziellen Funktion barhäuptig, also ohne seine bekannte Kuffiya, zu sehen. An der Zusammenkunft nahmen einige nahe Verwandte und Mitarbeiter Rabins teil. Zum Abschluß des einstündigen Kondolenzbesuchs küßte Arafat Rabins Witwe und andere Familienmitglieder auf die Stirn.

Von israelischer Seite wurde der Besuch als sehr emotional bezeichnet. Arafat bezeichnete Rabin als Helden des Friedens und betonte, sein Tod sei ein großer Verlust für den Frieden und ihn persönlich. Lea Rabin wünschte Arafat weitere Erfolge beim Friedensprozeß und bemerkte, daß Rabin in Arafat einen wirklichen Partner gesehen habe. Nach Angaben des US-amerikanischen Generalskonsuls in Jerusalem, Edward Avington, soll Arafat in Tränen ausgebrochen sein, als er ihm die Nachricht von Rabins Ermordung überbrachte.

Mit der Verhaftung eines weiteren Verdächtigen verstärkte sich gestern der Eindruck eines Komplotts im Zusammenhang mit dem Attentat. Nach Angaben des israelischen Rundfunks vom Freitag geht jetzt auch der Inlandsgeheimdienst Schin Beth davon aus, daß Rabins Mörder Jigal Amir entgegen seiner eigenen Aussage nicht auf eigene Faust handelte. Ein Richter in Tel Aviv schickte am Freitag morgen den 23jährigen Michael Epstein, dem Kontakte zur jüdisch-extremistischen Gruppe Ejal nachgesagt werden, für zunächst fünf Tage in Untersuchungshaft. Er soll von den Mordplänen Amirs gewußt haben. Insgesamt sitzen jetzt sechs mutmaßliche Ejal-Leute in Haft.

In einem Fernsehinterview sagte die Mutter des Rabin-Attentäters, Geula Amir, am Vorabend, „bis ins Grab“ werde sie angesichts der Tat ihres Sohnes leiden. Er habe sich mit der Tat aus der Familie ausgeschlossen. „Er hat geschossen. Wenn man ihn danach selbst erschossen hätte, hätte ich das hingenommen. Denn das wäre Gottes Wille gewesen“, sagte sie.

Die israelische Journalistenorganisation protestierte gestern gegen die Androhung des Generalstaatsanwalts, die Veröffentlichung extremistischer Hetze strafrechtlich zu verfolgen. Nach dem Mord an Rabin hatten Siedler aus den besetzten Gebieten diese Tat in Fernsehinterviews gepriesen. Gegen sie wird nun ermittelt.

Der jüdische Rat der Siedler kündigte an, seine Proteste gegen die Politik der Regierung zu mäßigen und Extremisten aus seinen Reihen auszuschließen. Der Generalsekretär der Siedler, Uri Ariel, sagte gegenüber dem israelischen Militärradio, der Rat werde neue Handlungsrichtlinien festlegen. Diejenigen, die diese Regeln nicht einhielten, würden von der Teilnahme an Demonstrationen ausgeschlossen. Ariel betonte, die Siedler fühlten sich nicht für das Attentat an Rabin verantwortlich. Jedoch erachteten sie es angesichts der Lage nach dem Mord an dem Regierungschef als notwendig, sich anders zu verhalten. a.w.