■ Mit dem Naturschutz auf du und du
: Reichsgesetz weg!

Bonn (taz) – Drei Tage lang haben in Bonn Umweltexperten einen Gesetzesvorschlag der Grünen/Bündnis 90 abgeklopft, der ein neues Bundesnaturschutzgesetz schaffen soll. Das alte „basiert noch im wesentlichen auf dem Reichsnaturschutzgesetz von 1935, was ja wohl nicht mehr der Realität entspricht“, begründet Vera Lengsfeld die Novelle. Sie leitet die grüne Expertengruppe.

„Wir wollen weg von diesem Reservatsgedanken, hin zu einem integrierten Naturschutz.“ Stehen bislang nur rund 2 Prozent der Fläche Deutschlands unter Naturschutz, schreibt der bündnisgrüne Gesetzentwurf mindestens 15 Prozent der Staatsfläche fest, integriert in das europäische ökologische Netz „Natura 2000“.

Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft würde deutlicher als bisher eine naturverträgliche Naturnutzung vorgeschrieben, und konsequent müssen bei Eingriffen in die Naturlandschaft Ausgleichsmaßnahmen erfolgen. Bußgelder werden deutlich erhöht, und der Staat erhält ein Enteignungsrecht zugunsten der Landschaftspflege. Umweltverbände erhalten ein garantiertes Mitspracherecht, wenn es um Eingriffe in die Naturlandschaft geht, und endlich ein Verbandsklagerecht.

Ist die Vorfahrt für die Natur mehrheitsfähig? „Vieleicht nicht im ersten Anlauf“, räumt Lengsfeld ein, aber auch in CDU-Reihen habe ein Umdenken begonnen. Bisher war die Lobby aus Bauern, Jägern und Unternehmern zu stark, aber zumindest in der Landwirtschaft, so Lengsfeld, sei die Einsicht für ein neues Ökodenken ganz erheblich gewachsen. Auch in der SPD sieht Vera Lengsfeld Verbündete, denn die Genossen brüten einen Gesetzentwurf aus, der sich „deutlich an einen ersten Entwurf von uns anlehnt“. Holger Kulick