2855 Seiten der Bremer Geschichte

Karstadt machte es möglich, und der wendige Verleger Horst Temmen. Das weitgehend vergriffene Heimat-Geschichtswerk von Herbert Schwarzwälder ist wieder zu haben. 19 Zentimeter müssen dafür im Regal freigemacht werden, zu den vier Bänden ist ein kompletter Registerband hinzugekommen. Die vielfach korrigierte Ausgabe, pünktlich zur Geschenke-Zeit auf den Markt geworfen, kostet nur 139 Mark, da der Buch-Einkäufer von Karstadt, Michael Nolte, dem Verleger 3000 der 4000 Buch-Pakete abnahm.

Am Anfang habe es mit dem strengen Verleger Friedrich Röver „Kämpfe um Formulierungen gegeben“, Vorworte seien ganz „untersagt“ worden, berichtete Schwarzwälder. Nachdem Röver verstorben und sein Verlag von der Bremer Bühne verschwunden war, fand Schwarzwälder in Bremen niemanden, der den vierten Band über die Nazizeit herausgegeben hätte. Schwarzwälder wich zu Christians in Hamburg aus. Insbesondere in diesem Band häufen sich aber die Korrektur-Fehler, während der 3. Band über die Weimarer Republik und der erste nicht mehr zu haben waren.

Temmen, so bestätigt Schwarzwälder, hätte gern einen „5. Band“ über die Nachkriegszeit verlegt – allein „ich bin ja nun 76 Jahre“, schreiben muß ihn ein andere als Schwarzwälder. 10 Stunden schreibe er im Durchschnitt an einer Buch-Seite, hat der Historiker ausgerechnet, und unter 500 Seiten wäre die Nachkriegszeit wohl auch nicht zu haben.

Auch dicke Geschichtsbände verführen zu dünnen Illustrierten-Fragen. Wer war der größte Bremer, wollte jemand auf der Pressekonferenz, auf der das Buchpaket vorgestellt wurde, wissen. Smidt, sagte Schwarzwälder ohne Zögern. Daß er die juden aus der Stadt getrieben hat („er gilt deshalb als judenfeindlich") und „absolut kein Demokrat“ war, müsse man aus der Zeit verstehen. Aber Bremerhaven wäre nicht gegründet worden, wenn der Bürgermeister seinen Senat oder gar das Volk gefragt hätte. „Smidt – das wäre auch heute etwas anderes als Wedemeier. Oder Scherf.“

Bremen in seiner jeweiligen Zeit verstehen, dazu dient offenbar die Geschichtsschreibung. K.W.