■ Eintracht – irgendwie clever
: Schlappekicker unter sich

Die „Aktion Schlappekicker“ gehört zu den liebenswürdigen Sonderheiten der Frankfurter Sportkultur. Alle Jahre wieder sammelt das Lokalblatt „Frankfurter Rundschau“, selbst ebenso liebenswürdig wie sonderbar, auf diesem Wege Spenden für die Senioren des Sports. Stolze Summen kommen dabei allweihnachtlich zusammen „für die Alten, Kranken und Einsamen“ (FR-Jargon) unter den ausrangierten Sportskanonen. Sollte es ein Zeichen der FR-Sportredaktion sein, daß sie die „Aktion Schlappekicker“ just vor dem Treffen der Bremer und Frankfurter Kicker wieder ins Leben rief?

Alt, schwach und wie ausgelaugt sah so mancher der Akteure am Samstag im Weserstadion aus. Wer Bernd Hobsch schwer schnaufend ackern sah (und doch vergeblich), den mußte schon das Erbarmen packen. Auch von Stürmerkollege Bestschastnich keine nennenswerte Regung. Wollten diese Herren, jung an Jahren, sich mit ihrer Vorstellung schon einem warmen Plätzchen im Kreise der „Schlappekicker“ empfehlen? Im Freizeitbereich hat Hobsch ja bekanntlich schon auf gediegene Pensionärssportarten umgestellt: Er ist, so meldet's die mitfühlende „Bild“-Redaktion, „leidenschaftlicher Tomatenzüchter“.

So waren die Kräfte der Recken auf beiden Seiten nach munterem Auftakt recht bald erschöpft. Das zunächst schnelle Flügelspiel der Bremer fand jedesmal sein Ende unter den Füßen der beiden o.g. Frühpensionäre. Den einzigen spektakulären Ballwechsel der ersten Halbzeit lieferten sich in der 34. Minute Mario Basler und sein Trainer Aad de Mos: Hagner (Eintracht) schlenzt den Ball unhaltbar ins Seitenaus; Basler (Werder) kommt nicht mehr an den Ball, worauf de Mos auf der nahegelegenen Trainerbank einen frischen Ball aus seinem Ärmel zaubert und diesen Basler zuwirft; der Schiedsrichter greift daraufhin entschieden ein und pfeift den neuen Ball zurück: Der Einwurf müsse schon mit demselben Ball erfolgen, der zuvor ins Seitenaus gekullert war. Sage hinterher keiner, es sei mit gezinkten Fußbällen gespielt worden! Dem aufmerksamen Schiri Dank von dieser Seite – wahrscheinlich hätte es nach dem Spiel wieder Protestnoten vom empfindsamen Frankfurter Präsidium in Richtung DFB-Gericht gehagelt; das bleibt der Sportpresse nun glücklicherweise erspart.

Dann fielen doch noch zwei Tore, wie, um das leidige Toreschießen, um das man als Bundesligaprofi ja letztlich doch nicht herumkommt, endlich abzuhaken. Bode wurstelte den Ball, nach vergeblichem Baslerschuß bereits von der Eintracht-Deckung abgeschmettert, irgendwie am ansonsten glänzend parierenden Andy Köpke vorbei ins Netz – eine erschöpfende Aktion, auf die gnädig der Halbzeitpfiff folgte. Matthias Hagner traf dann für die Frankfurter Schlappekicker auch noch ein bißchen. In der 55. Spielminute gruppierte sich die Bremer Abwehr höflich und so übersichtlich im eigenen Strafraum, daß Hagner den Ball lässig um sie herum und ins Bremer Tor drehen konnte.

Ansonsten sah man einen gemütlichen Nachmittag. Die Eintracht lullte den Gegner mit ihrer altbewährten Schlummer- und Zaudertaktik systematisch ein. So perfekt, daß freilich auch die eigenen Reihen über weite Spielstrecken friedlich vor sich hin dämmerten. So versandete das von Bremer Seite (letzter Sieg am 19. September) zum „Schicksalsspiel“ (Bode) hochgepeitschte Match zusehends. Die Rechnung von Trainer Charly Körbel ging somit wohl voll auf. Dieser hatte sich den Wahlspruch seines Hauptsponsoren dick auf den Rücken malen lassen: „Tetra Pak – irgendwie clever!“ Ja, das ist Frankfurter Cleverness: Aus einem lahmen Spiel nochmals gezielt den Wind rausnehmen. Daß kurz vor Schluß auch noch der gemütliche „Jonny“ Eckström im Frankfurter Sturm eingewechselt wurde, um die letzten Wogen zu glätten – eine Ganzleistung Körbelscher Fußballstrategie. Der Mann hat ein Herz für Schlappekicker.

Thomas Wolff