us-amerikanische Klassik

■ Die Bill Frisell Group und Joey Baron beeindruckten im Moments

Der neue Club Moments war gut besucht am Samstagabend und Radio Bremen-Mann Peter Schulze sprach vielen Jazzfans aus dem Herzen, als er dem Moments viel Erfolg wünschte. Denn ein Spielort mit Clubatmosphäre, guter Akustik und anständiger Sicht auf die Bühne fehlte schon lange in Bremen.

Joey Baron ist einer der wenigen Schlagzeuger, die es sich leisten können einen Solo-Set zu bestreiten. Denn dafür reicht technische Virtuosität allein nicht aus, rhythmischer und melodischer Ideenreichtum muß dazukommen. Über beides verfügt Baron in reichlichem Maß. Er spielte nicht nur mit rhythmischen Strukturen oder ungeraden Takten, sondern machte sein Drumset zu einem Melodieinstrument, baute mit Sticks, Besen und Händen einen dramatischen Klangkosmos aus pulsierenden Rhythmen und verschiedenen Klangfärbungen. In seinen Stücken reicherte er die Grundmuster mit immer neuen Rhythmusfiguren an, stellte sie neben- oder schichtete sie übereinander. Sein Gefühl für Zeit und dramatische Spannungsbogen ist traumhaft, ebenso seine Fähigkeit zwischen fragilem und donnerndem Spiel zu wechseln. Das Publikum feierte den glatzköpfigen Drummer begeistert.

Gitarrist Bill Frisell präsentierte anschließend seine aktuelle Gruppe. Die war nicht nur schlagzeuglos, sondern auch ungewöhnlich instrumentiert. Neben Frisell an der Gitarre, standen der junge kanadische Geiger Eyvind Kang, Trompeter Ron Miles und Posaunist Curtis Folwkes, ansonsten Mitglied der Jazzpassengers, auf der Bühne. Die Musik des innovativen Gitarristen entzog sich schon immer einer ein-deutigen stilistischen Zuordnung. In seinen Kompositionen greift er auf Elemente unterschiedlichster Formen volkstümlicher Musik der USA zurück, von Country über Folk, Blues bis hin zu den verschiedenen Spielarten des Jazz. Daraus entwickelt er eine Musik, die weit über das Jazzgenre hinausgeht, die eher als eine Art moderne us-amerikanische Klassik bezeichnet werden kann. Zu diesem Eindruck trägt auch die kammermusikalische und auf Schönklang ausgerichtete Stimmung der meisten Stücke bei. In komplexen Arrangements spielt er nicht nur mit diversen Stilen, sondern auch mit Klangfarben und Stimmungswechseln. Es liegt auf der Hand, daß in diesem Konzept der Ensembleklang entscheidender ist, als solistische Heraushebungen. Die vier Musiker setzten die musikalischen Wechselspiele hervorragend aufeinander eingespielt um, erreichten eine ebenso intime wie intensive Atmosphäre. Klassisch anmutende Bläserlinien wechselten mit New Orleans-Reminiszenzen oder neutönerischer Gebrochenheit. Frisell ließ seine E-Gitarre mal wie einen Baß, mal wie eine Mandoline oder eine Hawai-Gitarre klingen, immer in der für ihn so typischen leicht gebrochen klingenden Form. Einem Teil des Publikums schien Frisells Vorliebe für schöne Melodien ein wenig suspekt, der andere Teil war beeindruckt von der Dichte und Intensität der Musik.

Arnaud